„…Da Yello in den 80er Jahren einen lukrativen Deal mit der renommierten Phonogram GmbH hatten, erschienen ihre Alben auch zu jener Zeit schon auf dem damals noch wenig verbreiteten Tonträgerformat CD. Schön einerseits, da man ihre Soundkunstwerke auf diese Weise bereits sehr früh ohne Plattenknistern im Hintergrund genießen konnte – aus heutiger Sicht jedoch eher ein Fluch denn ein Segen. Schließlich waren die ersten Aufnahmen, die die Musikindustrie weiland auf die neuartigen Silberscheibchen brannte, noch gar nicht für den Frequnzbereich dieses Mediums aufbereitet und klangen demzufolge sehr dünn und „schwach auf der Brust“.
Unter diesem Schicksal litt rund 20 Jahre lang auch „Stella“, das vierte Album von Yello. „Stella“ war 1985 der erste Longplayer, den die Schweizer als Duo ohne ihren einstigen Weggefährten Carlos Peron eingespielt hatten. Die verbliebenen Boris Blank (Musik) und Dieter Meier (Texte und Gesang) schafften es hier erstmals nachhaltig, ihre Klangtüfteleien in wirklich griffiges Pop-Format zu kleiden. Kein Wunder, dass diese Scheibe ihnen mit den Single-Hits „Vicious Games“, „Desire“ und „Oh Yeah“ den wirklichen kommerziellen Durchbruch bescherte.
Zwar könnten diese drei Songs unterschiedlicher kaum sein, doch sind sie für Yello allesamt absolut charakteristisch und markieren zugleich sehr gut die Eckpfeiler, zwischen denen die Klänge der Band bis 1991 in steter Abwechslung hin- und herpendeln sollten: „Desire“ ist die fließende, atmosphärische Ballade mit dem geheimnis- und sehnsuchtsvollen Gemurmel Dieter Meiers. „Vicious Games“ bietet nicht nur den Gastgesang der Vokalistin Rush Winters, sondern wurde durch seine druckvoll pumpenden Bässe und Synthesizer-Riffs zu einem noch immer überaus satt klingenden Disco-Klassiker. „Oh Yeah“ schließlich kam 1986 im Blockbuster „Ferris macht blau“ zu besonderen Ehren und stellt die experimentelle, rhythmusbetontere Seite Yellos vor. Dieter Meiers hier eingesetzte „Rülps-Vocals“ sollten sich zu einem weiteren Markenzeichen des Duos entwickeln.
Weltmusikalische Anleihen finden sich in „Stalakdrama“ und natürlich dem famos-atmosphärischen „Ciel Ouvert“. Auch über 20 Jahre nach seiner Entstehung ist dieses anfangs fast stehende, monolithische Klangkunstwerk (Und hier passt diese Bezeichung wirklich!) noch beeindruckend!
Wie alle Yello-Alben der 80er Jahre ist auch „Stella“ aufregend abwechslungsreich und launisch. Man glaubt häufig, die Songs würden von drei oder vier verschiedenen Bands stammen – so unterschiedlich sind sie. Ähnlich krude Vermischungen von Stilen finden sich zudem in den einzelnen Titeln: Ein Disco-Rhythmus und ein an afrikanische Stammesgesänge gemahnender Refrain prallen im gewöhnungsbedürftigen „Desert Inn“ aufeinander; der kratzige, übersteuerte Gesang im schrägen „Koladi-ola“ kontrastiert hart die angeswingte Bassfigur. Stark sind noch die klanglich mächtige Uptempo-Nummer „Domingo“, das atmosphärische „Sometimes (Dr. Hirsch)“ und das mitreißende Finale „Angel No“.
Jeder Song auf „Stella“ strotzt vor einer fast kindlichen Spielfreude und dem Antrieb, scheinbar unvereinbare Pole zu einem Miteinander zu verbinden. Die Ergebnisse sind dabei so überzeugend geraten, dass erst dem aufmerksamen Hörer die großartige handwerkliche Leistung auffällt, die für diese collagenartige Arbeitsweise notwendig gewesen sein muss. Man muss den vermeintlich wirren (vielmehr: verwirrenden) und einzigartigen Stil von Yello allerdings mögen, denn ihre frühen Alben sind wahrlich keine leichte Kost. Sie sind vielmehr ganz schön angeschrägt und anstrengend. Auch „Stella“ fordert an vielen Stellen unbarmherzig ihre Aufmerksamkeit ein und wird den vom Formatradio eingelullten Durchschnittskonsumenten des 21. Jahrhunderts durchaus nerven. Doch dafür hat dieses kleine Meisterwerk des Nonkonformismus auf seinen nur 40 Minuten Spielzeit mehr musikalische Überraschungen und künstlerische Wagnisse zu bieten als zehn Alben vieler anderer Bands.
Seit dem 28.10.2005 ist „Stella“ gemeinsam mit den fünf weiteren klassischen Yello-Longplayern „Solid Pleasure“ (1980), „Claro Que Si“ (1981), „You Gotta Say Yes To Another Excess“ (1983), „One Second“ (1987) und „Flag“ (1988) in remasterter Form auf CD erhältlich. Die Silberlinge gibt es nicht nur einzeln, sondern für Sammler im Rahmen eines aufwändig gestalteten Box-Sets auch gleich im Paket. Jede der Neuauflagen ist mit zahlreichen Bonus-Tracks bestückt, die bislang größtenteils noch nie auf CD zu bekommen waren – auf „Stella“ zum Beispiel findet sich nun endlich auch die famose Maxi-Version von „Vicious Games“. So schließt sich der Kreis und ich muss nicht mehr erst meinen Plattenspieler entstauben, um mich an mein ultimatives Klangerlebnis von einst zurückzuerinnern. (Roberto)“ (http://www.industrieromantik.de/r_yello_stella.html)