Warum ist Maxinquaye noch nicht in meinem Blog? Das Album befindet sich seit über 20 Jahren in meiner Sammlung und ist immer wieder erfreulich zu hören. Wenngleich es sich bei den düsteren Tracks des Erstlings-Solowerks von Tricky vielleicht nicht anschickt, von erfreulich zu sprechen. Mit Maxinquaye legte Tricky nach seinem Weggang von Portishead den Grundstein für die eigene Arbeit und einen Meilenstein in den um die Jahrtausendwende gefeierten Trip Hop. Tricky präsentiert hier seinen einmaligen lo-speed Rap auf schwerpumpenden, schwarzen Elektroniksounds. Insgesamt, so möchte ich mit Blick auf den Output der letzten 20 Jahre feststellen, hat Tricky das Niveau von Maxinquaye nie wieder in dieser Form erreicht. Maxinquaye – übrigens eine Zusammensetzung des Namens seiner Mutter – ist ein Album, dem man den Sumpf anhört, in dem Tricky sich damals befand. Wer mit ihm zusammen in den dunklen des TripHop abtauchen möchte, sei dieses Album empfohlen.
Hörprobe Da zäume ich mal das Pferd von Hinten auf, wenn ich hier nach dem Zweitling „Portishead“ und dem dritten „Third“ nun auchmal auf das bahnbrechende und stilprägende erste Album „Dummy“ zu schreiben komme. Was sich hier 1994 die Soundtüftler aus Bistrol aus den Fingern geschüttelt haben, läutete schlicht und einfach aber unumstößlich den TripHop endgültig ein. Beth Gibbons fragile und kraftvolle Stimme schmiegt sich passend an die verschleppten und verzerrten Beats an, die eine entsprechende Wärme ausstrahlen. Und so entstand ein Album, welches „die ganze Herzlichkeit eines schwarzen Lochs“ (laut.de) verkörperte. Düster, faszinierend, anziehend, mysteriös und schön. Für die damalige Zeit lieferte dieses Album einen bislang ungehörten und mutigen Stilmix, der sofort den Zeitgeist entzündete. Mit Fug und Recht kann dieses Album als ein Meisterwerk bezeichnet werden, wurde es doch von den Magazinen „The Face“, „Mix Mag“ und dem „Melody Maker“ zum Album des Jahres gewählt und mit dem Mercury Music Price ausgezeichnet. Vom Rolling Stone wurde das Album in die Liste der 500 besten Alben aller Zeiten und vom Spex auf Platz 60 der besten Platten des Jahrhunderts gehievt.
Die Zeitschrift Visions setzte es auf ihrer Liste „Die wichtigsten Alben der 90er“ auf den 2. Platz. Wikipediabeitrag über Portishead
„…Der Sound von „Suzuki“ ist ein rundum-sorglos-Paket. Bitte setzen (oder legen) Sie sich auf das Sofa. Bei einer gepfelgten Flasche Wein oder einer grossen Zigarette lässt es sich hervorragend in die Stimmungen eintauchen, die aus den tiefen des Raumes entgegenschweben. Trippig, deep, sehr deep und von einer ausgesprochenen Lässigkeit. Knapp 60 Minuten Klangkosmos werden durch das ambientlastige Outro „Pearl Off“ beschlossen, in welches ein kleiner Anflug von Disharmonie eingeflochten wurde, so was aber auch … ts ts ts.
Wie ein Kissen, in das man sich Sonntags so vergnügt zum zehnten mal hineinflauscht und von dem man nicht mehr lassen möchte, so wirkt dieses Entspannungswerk aus Wien. Ein weiterer Hochkaräter aus dem schier unerschöpflichen Umfeld. Wer auf Richard Dorfmeisters softe Sounds und angenehme Klangbilder steht, sollte (eigentlich mehr als nur) ein Ohr riskieren. (Alexander Cordas)“ (http://www.laut.de/Tosca/Suzuki-%28Album%29)
Hörprobe „Eines mal gleich vorneweg. Dieses Album ist wohl eins der besten und wichtigsten im Moment – neben der neuen Filter. Aber mal ganz langsam und von vorne. Mr. Tricky – sonst eher düster, teilweise sogar bösartig und das Paradebeispiel für den „alles-allein-produzieren-wollen“-Musiker – tut sich mit Grease (DMX-Produzent)und Muggs (Cypress Hill) zusammen. Die beiden kassieren pro Tag eine halbe Millionen, aber die Investition hat sich gelohnt: Heraus kommt ein Album, welches man teilweise als freundlich, sogar radiotauglich bezeichnen könnte. „Juxtapose“ heißt nach eigener Auskunft soviel wie „Dinge zusammen bringen“ und genau das tut Tricky hier auch und zwar perfekt. Anfangs noch die – das Ohr umschmeichelnde – Akustikgitarre, kurz darauf schon Muggs wahnwitzige Raps und/oder Trickys Flüstern im Hintergrund, dazu mischt sich ab und zu der Gesang von Kioka (Martina arbeitet zur Zeit an ihrem Soloalbum) und gelegentliche Einwürfe elektronischer Schnipsel. Ist das noch Trip Hop? Oder gar Hip Hop? Tricky entzieht sich mit diesem Album wirklich absolut jeglicher Kategorie, entfernt sich sogar von seinen ersten Werken. Das einzige, was eventuell ein wenig stört, ist dass „Juxtapose“ nur 36 Minuten lang ist. Aber scheinbar hat Tricky alles gesagt, was zu sagen war. Ich bin schlichtweg begeistert. (Stefan Friedrich)“
Reinhören „Was für morbide Gefühle hier durch Adrian Thaws Adern geflossen sind möchte ich ehrlich gesagt gar nicht wissen. Tatsache ist, dass „Pre-Millenium Tension“ ein Album der Sonderklasse ist. Auch wenn manche Tracks derart wirr, düster und zusammenhanglos erscheinen ist es ein Meisterwerk und eine Bereicherung der zu jener Zeit noch in den Kinderschuhen steckenden Trip Hop Szene. Meine persönlichen Favourites (Tricky Kid/Christian Sands/Bad Dreams) gehören trotz strangen Charakters doch noch zu den eher poppigen Tracks der Scheibe. Zu der Zeit scheint in dem Genre noch alles erlaubt gewesen zu sein und genau DAS macht „Pre-Millenium Tension“ zu einem Leckerbissen, da hier etliche Wurzeln heutiger Trendströme erkannt werden können. Aber abgesehen davon merkt man bald, dass sich hinter dem dürren schwarzen charismatischen Bristoler ein Genie verbirgt.“ (http://www.amazon.de/review/R1XZEFO7V05QBM/ref=cm_cr_pr_perm?ie=UTF8&ASIN=B0000074K5&nodeID=&tag=&linkCode=)
Reinhören „Die Marotte mit den Orchestra-Namen ist zur Zeit in Produzentenkreisen elektronischer Tanzmusik ja weit verbreitet. Aus Wien nun kommt eine weitere Interpretation der ganzen modernen Orchesterseeligkeit: Peter Kruder, eine Hälfte der Original-Downbeat-Superstars Kruder & Dorfmeister, mit seinem Solo-Gegenstück zu den Tosca-Exkursionen seines Buddies Richard Dorfmeister – dem Peace Orchestra. Leinwandbreit und leiwand, wie man dort für „toll‘ sagt, eine cinephile und gleichzeitig deutlich finsterere Erweiterung des K&D-Klangkosmos aus bewährten Könnerhänden. Ein Pflaster auf dem Cover zeigt Verletztlichkeit an, oder kaum verheilte Wunden, und dahinter tut sich eine bestrickende, ernsthafte, tiefe Klangwelt auf. Da kommen massenweise Jazz-Bässe, Klarinetten und Live-Schlagzeuge zum Einsatz über trägen Beats und endlosen Dubechos, bis die Zeit stillsteht. „Marakesh‘ kokettiert mit opiumgebremster Zeitlupenschwülstigkeit des Wiener Geistesbruderortes, „Double Drums‘ gibt sich mit Doubletime-Beats D’n’B-kompatibel. Besser – weil böser – als K&D-Produktionen, und gleichzeitig meilenweit vorbei an langweiligem TripHop-Epigonentum und unkonzentriertem Downbeat-Rumgedüdel. Das hier läuft jedenfalls winters in keinem Großstadtcafé – ansonsten frieren den schicken Gästen nämlich irgendwann die geweiteten Pupillen ein. Morbide, düster und abgrundtiefgründig – und gleichzeitig eine sinnliche, anschmiegsame und tröstende Winter-Gemütsheizung.“ (http://www.intro.de/platten/kritiken/23025370/peace-orchestra-peace-orchestra?sim=1)
Ein weiteres Side-Projekt von Burnt Friedman. Fuzzymix ist eine Auskopplung aus dem Album Fuzzysets mit Remixen aus eben jenem. Diese sind wieder wunderbar miteinander verwoben, so dass sie nicht dem Original gleichen. Eine Fahrt in die Abgründe dunkler elektronischer Musik mit einem sozial-kritischen Ton. Hierfür bedient sich Friedman u.a. wieder verschiedener Interviewmitschnitte, die mich an die Sprachsamples von Goodspeed You! Black Emporer erinnern. Nicht fehlen darf der housige Track „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“, in welchem Probleme beim Einsatz des elektrischen Stuhls (A.C. Leuchter) thematisiert werden.
Das 1996er Album der Kritikerlieblinge Eels zeigt, wie das Leben als Freak auszuhalten ist, die Schönheit jenseits des Normalen und die anderen Perspektiven auf die Welt, das Leben, Lieben und Leiden. Wieder eine Platte mit herausragenden Songs von E (vocals, guiter), Tommy (bass)und Butch (drums) und einem Cover, dass mich an so einen Gruselfilm der Nuller Jahre erinnert (wo sowas Eigenartiges aus dem Brunnen gekrabbelt kommt…). Ein Schmelztiegel verschiedener Genres und dennoch ein eigenes, warmes und atmosphärisches Gebräu. Mit Beautiful Freak liefern die Eels ein wirklich tolles und hörenswertes Album.
„…“Connected“, die Platte, die die Band nach fünf Jahren und drei Alben auf einmal zum One-Hit-Wonder machte. „Wir sind getourt und wir waren müde. Wir sind für ein Jahr nicht mehr nach Hause gekommen. Es ging einfach nichts mehr. Wir hatten allesamt private Probleme, wir waren fucking Superstars und kamen damit nicht mehr klar. Das waren pretty bad years. Aber vielleicht mussten wir uns ja fast selbst zerstören, um jetzt wieder wir selbst sein zu können“, sagt Nick Hallam, der musikalische Kopf der Band. Er trägt eine schwarze Sonnenbrille, ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose. Man wagt es kaum, sich vorzustellen, wie das wohl im Detail ausgesehen haben mag, das mit der Selbstzerstörung – da erhebt Rob Birch die Stimme. „Hör mal. Erfolg bedeutet, dass du deine meiste Zeit weit weg von zu Hause verbringst. Wenn du aus dem Nichts kommt, wenn du nichts hast, dann denkst du, du müsstest alles machen, was dir angeboten wird. Und wenn du das machst, dann fängst du an Dinge zu vernachlässigen, von denen du glaubst, du würdest sie umsonst bekommen. Das normale Leben. Und das war das Problem. Denn das ist unsere Musik. Wir leben ein normales Leben und daraus entsteht die Musik. Sich jeden Tag zusammensetzen und Musik machen. Erfolg ändert so was. Erfolg macht so was zu einem Witz. Das mussten wir für uns klären. Dass wir so was nicht nochmal machen.“
Nun war „Connected“ ja nicht nur ein Album. Vor allem war es ein Song, der im Laufe der Zeit eine ähnliche Eigendynamik gewann wie sonst vielleicht nur noch der „Pulp Fiction“-Soundtrack. Ein Stück, das die ganzen Neunziger in sich aufhob. Die Euphorie, dass man seinen Computer via Telefonbuchse mit den Rechnern all derjenigen verbinden kann, die sich auch einstöpseln. Die Wiedergeburt der Idee des Kollektivs in der Vorstellung des Netzwerks. Wenn sich alle connecten, dann wird alles gut. Jahrelang konnte man dem Stück kaum entgehen, wo immer sich die Besucher irgendwelcher Partys nicht einigen konnten, ob man nun Gitarrenmusik oder Computermusik hören soll – irgendwann einigte man sich auf die Stereo MC’s.
Das funktionierte, weil die Stereo MC’s Band genug waren, um auch für die verständlich zu sein, die Erzeugnissen des Dancefloor-Planeten eigentlich mit Misstrauen gegenüberstanden. Und für Leute, die sich mit den komplizierten Überbauten nicht anfreunden wollten, der sich in den frühen Neunzigern zwischen HipHop und seine deutsche Rezeption stellte, waren die Stereo MC’s aus England verständlicher und näher dran…“ (http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2001/05/31/a0156)
„Decken-Ventilator in Zeitlupe, krabbelnde Kakerlaken an der speckigen Tapete, rot starrende Augen, Schweißtropfen: Auf TRICKYs drittem Studioalbum (die Skizzen-Compilation als NEARLY GOD mal ausgenommen) regieren mehr denn je Wahnsinn, Voodoo und gepflegter Psychopathen-Pathos. „Is There Cancer In The Throat?“ zischt der Mann manisch-heiser. Und: „Alive Is Pain, Murder Is Fame“. In New York und auf den Bahamas mit vielen handfesten Instrumenten wie Geigen und Flöten, Kontrabaß und Celli aufgenommen, kommt „Angels With Dirty Faces“ auch mit schleppenden Gitarrenloops und Dub-Schlieren, Dröhn-Collagen und irren Schepper-Shuffel-Beats. TRICKY verbreitet sich über seine großen Themen (Berühmtsein und es hassen, inszenierter Wahnsinn als Verweigerungs-Mittel dagegen) und feilt zusammen mit seiner engelhaften Gespielin MARTINA an seiner Privat-Aufführung von „Die Schöne und das Biest“: TRICKY flüstert, raunt, gurrt, bellt lasziv-lethargisch, und MARTINA schwelgt, klagt und leidet dazu.
„Broken Homes“ zeigt ihn im Duett mit PJ HARVEY zu Gospel-Chören, bei „Carriage Für Two“ schwärmt der Mann über seine kleine Tochter, um im nächsten Moment seine eigene Zerbrechlichkeit zu veröffentlichen: „Please won’t you try / stop me talking like a tough guy / Subject Matter’s Love / I’m too scared to be a Gun totting Gangster Wanna-Be / I’ve got too much Love inside of me“ („Demise“). In „6 Minutes“ grübelt TRICKY SYMBOL-mäßig („Is this making Music or Money? / I can’t make my Mind up / they think they’re safe ‚cause they’re signed up / you’re under Contracts that break those Backs“) und hält dem Drama die Aktivisten seines eigenen „Durban Poison“-Labels entgegen: „Durban Poison Artists are the smartest / in this Industry full of Vomit / My Voodoo make’em sick / My Voodoo make’em sick“. Für seine Suche nach neuen sperrigen Ausdrucksformen und seine konsequente Verweigerung gegen Pop-kommerzielle Verwertbarkeit kann man Beat-Architekt TRICKY nur massiven Respekt zollen – sein ostentatives Leiden unter Berühmtheit und öffentlichem Interesse (lustlose Live-Auftritte „naked and famous“) dagegen nerven. Dann soll er halt seine Kunst nicht veröffentlichen. Insgesamt aber ein großartiges, gehaltvolles Werk, an dem man in drogengeschwängerten SlowMo-Nächten wunderbar bis ins nächste Millennium knabbern kann: „I watch where I venture, see / ‚cause I don’t like this Century“ („Record Companies“).“ (http://www.intro.de/platten/kritiken/23023430/tricky-angels-with-dirty-faces)