Schlagwort-Archive: The Cure

Eagle Seagull – The Year Of How-To Books (2010)

Da fiel mir doch erst relativ spät dieses Album vor ein/zwei Jahren in die Hände und ließ mich seither nicht los. Klang schon das Erstlingswert von Eagle Seagull vielversprechend, schmiegt sich dieses Album in meine Gehörgänge, vom ersten bis zum letzten Ton. Opulente Songs und hymnenhafte Melodien, pulsierende Refrains und weinerlicher Gesang. Das alles gespickt mit Breaks in der Songstruktur, die keine Langeweile aufkommen lassen und angereichert mit Klavier und einem Himmel voller Violine(n), die oppulent dieses Popwerk schmücken. Tatsächlich fesselt mich dieses trotz allem spröde Album deutlich mehr als der Vorgänger, auch wenn die Kritiker im Netz nicht unbedingt meine Meinung teilen. Müssen sie ja auch nicht! Assoziationen Anderer mit Arcade Fire oder der Stimme von Robert Smith kann ich hingegen gut folgen. Diese Songs, die hoch hinaus tragen, luftig und leicht und sich dabei gegenseitig über Albenlänge jagen, machen jeden Tag etwas bunter. Wie schreibt passend Britta Helm auf Visions: „Das alles so schmissig wie die Briten, so leidenschaftlich instrumentiert wie die Kanadier und dabei flüchtiger als eine Katze im Regen. Nacherzählen lässt sich so etwas nicht, so tragisch und kunstvoll und faszinierend es auch währenddessen flimmert.“

Und so kann ich für mich gar keinen Lieblingssong auf dem Album deklarieren. Allein der Opener „You’re The Reason Why I’m Afraid To Die“ lässt mein Herz höher schlagen und ich kann beim Text zustimmend nicken, während mein Fuß zum Rhythmus wippt. Der Song macht in Gänze das klar, was mich tatsächlich mit einer Todesangst befällt: Nicht mehr für meine Kinder da sein zu können. Wer kennt das nicht mit Blick auf die eigenen Kinder? Sind sie doch, so klein sie noch sind, das Wichtigste, was Eltern haben. Und so wähle ich für das Album auch mal ein sehr persönliches Bild aus. Ein Halbportrait meiner ersten Tochter…

Bild mit Kind im Tragetuch
(C) Lars Kilian 2016 You’re the reason why I’m afraid to die

Leider fand ich kein „echtes“ Video zum Song, dem ich dieses Bild zuschreibe. Daher nur die Musik ohne Bewegtbild an dieser Stelle

The Cure – Seventeen Seconds (1980)

Als gäbe es nichts Neues auf dem Musikmarkt, kommt hier der nächste alte Schinken. Aber Leute: es ist ein wirklich grandioses Album, was The Cure 1980 veröffentlichten. Eigentlich bleibt mein Finger bei der Suche nach akustischem Schmaus selten im CD Regal bei The Cure hängen, Aber wenn ich unterwegs meine MP3s am Telefon per Zufallswiedergabe höre und dann und wann mal ein Song des Albums über die Kopfhörer an mein Gehör dringt, freue ich mich. Und dann darf auch das Album mal wieder über die heimische Anlage in ganzer Länge ertönen.

Schleppende Beats, Monotonie, emotionsloser und leidender Gesang in minimalistischen Klangwelten. Robert Smith soll vor der Veröffentlichung bereits gesagt haben, dass das Album richtig langweilig werden wird. Und doch, es schimmern Farben, es gibt Energien, es treibt da was an.

So wie Georges Seurat mit seinen Werken den Pointillismus in der Malerei prägte, haben The Cure mit Seventeen Seconds den Dark Wave/Gothic geprägt. Jeder Song dieses Zweitlings der Band ist was Besonderes. Mit „A Forest“ jedoch schafften The Cure zu Recht den Durchbruch: Fernsehauftritte, breiteres Publikum und internationale Beachtung. Und als ich jüngst eins meiner Fotos bearbeitete, kam mir sofort der Song in Erinnerung. Daher soll das Album heute und an dieser Stelle nochmal von mir gewürdigt werden. Reinhören. Die dunklere Jahreszeit steht vor der Tür.

Lars Kilian (2021) A Forest

65Dayofstatic – We Were Exploding Anywhere (2010)

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Irgendwie nicht Fisch und nicht Fleisch, das Album. Aber ungewöhnlich allemal. Die unmögliche Vereinigung von Postrock, Math, Clicks&Cuts und Dancefloor – hier vollzogen. Goodspeed You Black Emperor! treffen Notwist? Irgendwie so, aber doch ganz eigen, ein Vergleich wird der eigenen Art von 65Dayofstatic nicht gerecht. Überhaupt der Bandname: Wie würden sie erst klingen, wenn sie nicht statisch sein würden?

Sheffield scheint ein magischer Ort zu sein, was den Output von kreativen Sounds angeht und dem auch 65daysofstatic entspringen. Dass es die Band noch nicht bis zu Warp-Records geschafft hat / schaffen wollte, verwundert hingegen sehr. Schön, dass die Band nicht allein und abgeschottet vor sich hin spielt, sondern auch Bekannte (Robert Smith (The Cure)) ein Gastspiel auf dem Album geben, erfreut doch sehr, wenngleich die Vocals bis fast zur Unkenntlichkeit zuerfasert sind…

Hörenswert für alle, des Überraschungen lieben. Und so kann auch mal was schmecken, was weder Fisch noch Fleisch ist.

The Cure – Disintegration (1989)

„Wenige Bands verkörpern die Melancholie so sehr wie The Cure. Sie sind traurig, doch fröhlich, bittersüß und unendlich schön. Sie lassen Depressionen zu einem Meisterwerk werden, wandeln die dunkelsten Seiten der menschlichen Seele in etwas zauberhaftes um. Kaum eine CD beweist das so sehr wie die Disintegration.

Disintegration ist wie Magie. Ein wunderschöner, wenn auch trauriger Traum, der beim ersten Ton anfängt, und noch lange nach dem letzten Ton anhält. Nicht nur weil sie schon aus dem Jahre 1989 stammt, ist Disintegration wie aus einer anderen Welt. Elfenhaft, dämonisch, düster, süß und schaurig- Ein glitzerndes Meer aus silbrig schimmernden Emotionen riselt wie Regen auf eine herab, während die traurig-wütende und doch melancholische Stimme von Robert Smith einen sanft einhüllt.

Kein Wunder also, daß aus dieser CD einige der grössten Hits von The Cure stammen. Das sanfte und süße Pictures of you, der zu Tränen rührende Last Dance, das aufwühlende Fascination Street. Aber vor allem Love Song und Lullaby gingen in die Geschichte von The Cure ein wie kaum zwei andere Lieder. Selten hört man ein so ehrliches Liebeslied wie Love Song, so aufrichtig, so schön, so traurig, so reflektiert, so facettenreich wie die Liebe selbst. Lullaby wurde schon fast zu einer Hymne, hypnotisch, dunkel, und doch verspielt.

Auch Prayers for Rain und der Titelsong, Disintegration, sind so markant und faszinierend daß sie einen kaum mehr aus ihrem Bann lassen. Disintegration ist die CD, die man braucht wenn man niemanden sehen will, mit niemandem reden will, sich einfach nur mal für die Dauer einer CD lang verstanden fühlen will. Es ist die CD zu der man verheult einschlafen und ausgeruht wieder aufwachen will. Zu der man glauben will daß es eine bessere Welt gibt als die, die man jeden Tag sieht. Seien wir ehrlich: Auf dieser CD klingt Herzschmerz einfach verdammt gut. Und allein deshalb sollte sie schon jeder in seiner Sammlung haben.“ (http://www.madgoth.de/musik-reviews/237-cure-disintegration-review.html)

Offizielle Webseite http://www.thecure.com/

The Cure – The Head On The Door (1985, Deluxe-Edition 2006)

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„Die Tränen weggeschmunzelt

Lustige Instrumente, beschwingte Melodien, bunte Musikvideos: Mit dem Äußeren von “The Head On The Door” führen The Cure ganz schön in die Irre. Nein, fröhlich sind ihre Lieder über Albträume, Angst und Tod wirklich nicht

Ich war 14, als ich das erste Mal Liebeskummer hatte. Sie hieß Marie und ahnte nichts davon. Es ihr sagen? Himmel! Ich wusste nicht, wohin mit meinem Frust. Meine Schwester brachte mich auf eine Platte, Disintegration von The Cure. Da heulte mir einer aus der Brust, haderte mit der Welt und den Beziehungen. Genauso fühlte ich mich. Robert Smith – der Sänger und Schreiber der Gruppe – nahm mich und meinen Weltschmerz ernst. Sein Leiden war so echt wie mein eigenes.

Draußen feierte und vereinigte sich Deutschland, an mir ging das vorbei. Ich verbrachte die Herbsttage in meinem Zimmer, dachte an Marie und erforschte Album für Album die Geschichte von The Cure, rückwärts. Ich entdeckte Kiss Me Kiss Me Kiss Me, ein brachiales Album. Damit konnte ich wenig anfangen. Und dann The Head On The Door von 1985. Schon beim zweiten Hören hatte ich mich in das Album verliebt. Disintegration hatte meinen Kummer verstärkt, The Head On The Door fing ihn auf und spielte mit ihm.

Die krakelige, hellblaue Schrift auf der Hülle, die farbenfrohen Musikvideos zu manchen Stücken und die beschwingte Instrumentierung leiten in die Irre. Es ist kein fröhliches Album. „Yesterday I got so old / I felt like I could die“, singt Robert Smith in Inbetween Days. Und „Yesterday I got so scared / I shivered like a child / Yesterday away from you / It froze me deep inside.“ Brrrr. Dazu schrammelt eine warme Akustikgitarre, ein Kinderxylofon dengelt nette Töne, der Synthesizer schrillt. Im drolligen Video zu dem Stück fliegen bunte Socken aus dem Klavier, die Gitarre sprüht farbige Funken. Die Musiker hüpfen überdreht umher. Bei anderen Stücken ist es ähnlich: Worte von Albträumen, Tod und Angst sind unterlegt mit Melodien, die klingen wie Kinderlieder oder Abzählreime. Kling-Klang-Klong, drei Töne runter, Pause, zwei wieder hoch.

Smiths weinerliche Stimme überschlägt sich immer wieder. Manchmal kann er das Lachen kaum unterdrücken, dann wieder heult er wie ein Schlosshund. Nur wenige Stücke sind durch und durch trist. A Night Like This ist die Klage eines Verlassenen, „I watch you / Like I’m made of stone / As you walk away“. Auch The Blood ist ernst und sinister. Das letzte Stück, Sinking, lässt die Platte in Molltönen ruhig ausklingen „I trick myself / Like everybody else / The Secrets I hide twist me inside / They make me weaker“. Die letzte Minute ist Flehen: „If only I could remember / Anything at all.“

Das Spielerische an The Head On The Door berührte mich. Da schien einer Abstand zu gewinnen von seinen Problemen durch ein Schmunzeln, das gefiel mir. Auch er fühlte sich miserabel, heulte nächtelang, verfluchte die Welt und die Menschen. Und dann kloppte er auf ein Xylofon, und alles war etwas erträglicher.

Das Stück Close To Me, sagte Robert Smith damals, sei „pretty much wishing I wasn’t born with a groovy bass line“. Ungefähr so fühlte sich mein Verhältnis zu Marie auch an, schmerzhaft, aber auch komisch. Es dauerte nicht lange, da war ich drüber weg. Ich habe sie schnell vergessen und keine Ahnung, was sie heute macht.“ (http://blog.zeit.de/tontraeger/2006/10/09/die-tranen-weggeschmunzelt_193)

The Cure – Boys Don’t Cry (1979)

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„Als Robert Smiths langjährige Band (eigentlich ja eine leicht abgeänderte, amerikanische Version der britischen Three Imaginary Boys) an diesem Album (ihrem Debütalbum) arbeiteten, waren sie noch nicht die „Goth-and-reverb“-New-Wave-Helden, die sie später wurden. Drei unzufriedene Kids eben, die nicht mochten, was im Radio lief. Einfach weil es nicht intelligent genug war — oder nicht düster genug.

Smiths Texte sind einerseits trostlos und sarkastisch wie in „Fire In Cairo“, aber auch von literarischer Qualität wie auf der Single „Killing An Arab“ (Eine nihilistische Studie basierend auf einer Szene aus Albert Camus‘ Der Fremde). Die Band versteht es, diese Texte mit ausgeklügelten, prickelnden Arrangements zu verbinden, die erfreulich wenig von der üblichen männlichen Rockarroganz und Selbstgefälligkeit haben. Auch dann, wenn Smith gelegentlich mit einem kleinen, ruppigen Solo daherkommt. –Douglas Wolk“ (http://www.amazon.de/Boys-Dont-Cry-Cure/dp/B0000262NM)

Das lustig gemachte „Boys Don’t Cry“ Video aus den Anfangstagen findet man bei youtube

Wikipedia zu The Cure

The Cure im Artistportal von laut.de