Elbow berühren mich stets durch ihre ganz eigene Wärme, die sich nicht nur in den sanften Songs sondern auch bei etwas „härterer Gangart“ ausbreitet. Mit „Flying Dream 1“ haben sie nun ein weiteres Werk vorgelegt, dass definitiv durch ruhigere Gefilde gleitet. Die Liebe zur Familie und zu den Freunden sind die Themen, die dieses Album tragen. Die atmosphärische Nähe zu Talk Talks letzten Alben könnte nicht zufällig sein, teilt Elbow doch (auch meine) Begeisterung für deren Musik. Und so war es erklärter Versuch der Band, ein Album in Reminiszenz zu den letzten Arbeiten von Talk Talk zu produzieren. Es soll die Kraft besitzen , den Hörenden zu umarmen und zu überwältigen. Das, denke ich, ist Elbow mit „Flying Dream 1“ gelungen.
Auch wenn die Briten mit ihrem neunten Longplayer weiterhin in Deutschland für mein Gefühl eher unter dem Radar fliegen, werden sie auf der Insel regelmäßig mit Auszeichnungen geehrt: „Gold- und Platinauszeichnungen für jedes einzelne Werk, gleich drei Mal Platin gar für den 2008er-Coup ‚The Seldom Seen Kid‚“. Das nährt die Hoffnung , dass sich Elbow NICHT wegen gefühltem Desinteresse der Hörerschaft aus dem Musikgeschäft zurückziehen. Denn diese Wahrnehmung könnte eintreten, da dieses Album eine Herausforderung bestehen muss, die auch schon Talk Talks Spätwerke mit sich brachten und Christof Hammer bei Lowbeats so beschreibt: „Die Qualitäten von ‚Flying Dream 1‘ zu entdecken, erfordert allerdings Muse und Geduld, verlangt nach der Kunst des Zuhörens. Wer die aufzubringen bereit ist, wird ein Werk entdecken, in dem Substanz auf Eleganz trifft und Tiefgang auf Leichtigkeit und in dem Raffinesse ein minimalistisches Gewand bevorzugt, anstatt sich in Opulenz zu suhlen.“
Ja, diese Ruhe, das Licht und die Wärme machen es für mich zum guten Album des Monats Dezember. Dazu fand ich auf meiner Festplatte ein Bild, welches für mein Gefühl gut zu den zehn Songs passt. Alle haben das Potenzial zu strahlen, wenn man sie nur lässt 🙂
Heute morgen ein wenig mit dem Töchterchen auf dem Balkon gewühlt. Wir haben Blumen gepflanzt und können nun beobachten, wie sie (hoffentlich) wachsen und gedeihen. Dazu lief die herrlich unaufgeregte Musik von Talk Talk, ihrem zweiten und bestverkauftesten Album, dass zugleich einen leichten Stilbruch zum Erfolgs- und Erstlingswerk bildete, aber nicht weniger gut ist (und schon erahnen lässt, wohin die musikalische Reise von Talk Talk späterer Arbeit gehen könnte). Im Gegenteil, Talk Talk ist eine der ganz wenigen Bands, die es meiner Meinung nach schafften, von Album zu Album besser zu werden. Keine Selbstkopie, kein Hinterhecheln von Trends, keine Kompromisse. Stattdessen entfalten sie, gerade mit dem Zweitling „The Colour Of Spring“, eine Kreativität, die ihresgleichen sucht. Insofern ist auch der Titel passend: Denn im Frühling ist die Welt gemacht… Talk Talk lassen neue Musik aus warmen, erdigen Tönen erwachsen, Mark Hollis haucht dem ganzen mit seiner fragilen Stimme Leben ein.
…es ist mir stets eine Freude, dieses (und die anderen) Album von Talk Talk aufzulegen…
Reinhören „Konstantin Gropper ist Get Well Soon. Allen Liebhabern seines Debütalbums REST NOW WEARY HEAD, die sich gefragt haben, wo er in die Lehre gegangen ist, stellt er auf musikexpress.de sein Lieblingsalbum vor: LAUGHING STOCK von Talk Talk.
Ich weiß ich trage Eulen nach Athen, aber das Gähnen nehme ich in Kauf: Mein Lieblingsalbum ist LAUGHING STOCK von Talk Talk.
Ein bisschen „ausgraben“ muss man dieses Meisterwerk dieser Tage ja wirklich. Schändlicherweise. Im regulären Vertrieb ist es schon lange nicht mehr. Deshalb ist LAUGHING STOCK vielleicht so etwas wie der meistzitierte „Geheimtipp“ überhaupt.
Da wäre zunächst mal die faszinierende Geschichte vom Werdegang der Band. Mit Hits wie „Such A Shame“ oder „It’s My Life“ waren Talk Talk eine der erfolgreichsten Pop-Formationen der 80er Jahre. Bis sie 1989 mit dem Album SPIRIT OF EDEN einen musikalischen Schnitt in ihre Karriere setzten, der in seiner Konsequenz und Eigenwilligkeit bis heute einzigartig ist. Plötzlich hatten Talk Talk keine Stadion-Refrains mehr, sondern einfach überhaupt keine, waren extrem sperrig, improvisiert, kurz gesagt: Avantgarde, oder wie man sogar bei Wikipedia liest, hatten sie damit den Post-Rock erfunden. LAUGHING STOCK, das Folgealbum, um welches es hier gehen soll, machte dann mit seiner äußerst düsteren und regelrecht entrückten Grundstimmung noch einen bedeutenden Schritt weiter in Richtung Unzugänglichkeit. Dass die Verantwortlichen bei der neuen Plattenfirma (immerhin das Jazzlabel Verve) damals aus der Listening-Session entsetzt vorzeitig flüchteten, ist ja auch oft genug erzählte Musikgeschichte.
Was mich an LAUGHING STOCK am meisten fasziniert, ist, dass man das, was in den gut 43 Minuten passiert, eigentlich nicht in Worte fassen kann. Aber nun habe ich mich in die Situation gebracht und entschuldige mich jetzt schon mal für die Unzulänglichkeit meiner Ausführungen. Aber es soll ja subjektiv sein, oder?
LAUGHING STOCK beginnt mit einer 18-sekündigen Pause. Nur ein leises Gitarrenrauschen ist zu hören. Vielmehr das Geräusch des Raumes, in welchen hinein die folgende Großtat erklingen soll. Oder mit John Cage (der sein Werk Organ2/ASLAP ja bekanntlich mit einer eineinhalbjährigen Pause beginnen lässt): der Klang der „schweigensverweigernden Welt“. Es folgt ein Gitarrenakkord, der diese Stille regelrecht zerschneidet und mir jedes Mal die Brust, weil er vielleicht schon alles an diesem Album vereint, was es ausmacht: Er klingt so frei schwebend und dennoch spannungsvoll, gleichzeitig zu Tränen rührend schön wie aus einer anderen Welt. Ein kammermusikalisch, punktueller Moment der Spannung, wie man ihn zuletzt vor gut 80 Jahren bei Charles Ives oder bisweilen gar Anton Webern gehört hat.
Nach gut einer Musik setzt Mark Hollis’ unverwechselbare Stimme ein: „Place my chair at the backroom door.“ So viel Schmerz klingt in dieser Stimme mit, als trüge sie das Elend der Welt auf den Schultern. Dabei ist es eigentlich egal, was er singt. Es klingt so seltsam entrückt als hätte er im Liegen gesungen, wie damals ein Rezensent bemerkte. Er soll im Studio viel mit Kerzen und Weihrauch gearbeitet haben. Und regelrecht orthodoxe Erfurcht ruft sein entwaffnender Gesang hervor, an den heute allerhöchstens ein Will Oldham heranreichen kann. Diese unbegreifliche Sphärenmusik von „Myrrhman“, dem ersten Stück der Platte, endet in einer überirdischen Streicherseligkeit und damit den vielleicht schönsten gut 1,5 Minuten Musik, die je auf Band verewigt wurden.
Man könnte mit einer unendlichen Liste an musikalischen Skurrilitäten fortfahren, die sich die Herren Hollis und Friese-Greene haben einfallen lassen, die aber bei aller Ausgefallenheit immer eines sind: einfach nur wunderschön. Und das ist es dann auch, was diesen düster-erhabenen Monolithen (eine verhasste, aber ausnahmsweise passende Vokabel) von einem Album auszeichnet. Es ist Avantgarde, d.h. allem heutigen, das es vor fast 20 Jahren vorweg genommen hat, immer noch kilometerweit voraus, sperrig, niemals vorhersehbar und zu jeder Sekunde so unzweifelhaft eigenwillig, als sei es nicht von dieser Welt. Aber gleichzeitig immer emotional zutiefst ergreifend und von einer ästhetisch erhabenen Vision durchdrängt, die mich zumindest einfach nur glücklich macht (und natürlich maßlos einschüchtert). Ich glaube, so würde ich meine musikalische Idealvorstellung definieren und also auch eines meiner Lieblingsalben, an dem ich mir mein Leben lang die Zähne ausbeißen werde.“ (http://www.musikexpress.de/Get_Well_Soon_%C3%BCber_LAUGHING_STOCK_von_Talk_Talk.html)
„Sechs Jahre benötigte Mark Hollis, um aus einer chartstauglichen Synthie-Pop-Band eines der merkwürdigsten Ensembles zu machen, das es auch außerhalb der Rock-Welt je gegeben hat. Mit dem exzentrischen Werk Spirit Of Eden gelang Talk Talk eine jener seltenen Platten, die wirklich zeitlos sind.
Über 350.000 Pfund Studiokosten und 14 Monate Aufnahmezeit hatte die Plattenfirma Parlophone Mark Hollis und seinen Mitstreitern bewilligt – offenischtlich in der Hoffnung, die Band würde Nachfolger zu Hits wie Life’s What You Make It oder Living In Another World abliefern. Womit sie sich gründlich getäuscht hatte. Hollis und Tim Friese-Greene als Gitarristen und Keyboardspieler und ihre Rhythmusgruppe Lee Harris (Drums) und Paul Webb (Bass) holten sich renommierte Jazz-, Folk- und Klassikmusiker ins Studio und spielten sechs Stücke ein, die sich jenseits aller Klischees bewegen.
Spirit Of Eden ist ein Puzzle aus aneinander gefügten Miniaturen, die zu Stücken zusammenwachsen, die wenig mit Strukturen wie Vers, Refrain und Solo im Sinn haben. Da tupft eine akustische Gitarre eine Blues-Figur, auf die eine Trompete mit einem jazzigen Mini-Solo antwortet. Urplötzlich steigt eine „richtige“, laute Rock-Band ein und steuert Gitarren-Feedback bei, während Schlagzeug und Perkussion ethnogefärbte Rhythmen beisteuern. Zumeist jedoch dominiert auf Spirit Of Eden eine kammermusikalische Atmosphäre, in der der Gesang von Hollis das zentrale Element ist., das die Stücke zusammenhält. Trotz des durchschlagenden Misserfolgs beim plattenkaufenden Publikum konnte Talk Talk drei Jahre später noch das ähnlich strukturierte Album Laughing Stock für das Jazz-Label Verve aufnehmen, ohne dass der Band damit größerer Erfolg beschieden gewesen wäre. Prägenden Einfluss genommen hat Talk Talk mit dem Spätwerk jedoch einerseits auf die Postrock-Szene und das britische TripHop-Umfeld um Portishead, mit deren Sängerin Beth Gibbons Talk Talk-Bassist Paul Webb zusammenarbeitet.“ (http://www.popmusik.de/matrix_engine/content.php?page_id=110)