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Yello – Zebra (1994)

Quelle:: Discogs

Februar ist meist der närrische Monat, was mir alljährlich bewusster wird, seid ich in Bonn tätig bin. Da wird das mit dem Spaß sehr ernst genommen! Passend dazu wühle ich mal ein Album raus, was mir seit über 25 Jahren nicht langweilige wurde: Zebra von Yello. Alte Kamelle für alle!

Wie bei fast jedem Yello-Werk höre ich auch hier die Freude am Soundbasteln, am Witz, am Elan. Das gilt bis heute, sind die beiden Musiker doch weiterhin aktiv. Und obwohl sich Yello in seinem eigenen Kosmos bewegt, spürt man genau sie: Die Bewegung. Mögen sich die Alben dem oberflächlich Hörenden gleichen, sie tun es definitiv nicht! Und noch etwas ist bei Yello meines Erachtens Standard: Sie loten immer wieder die technischen Möglichkeiten aus und bieten so stets auch Referenzalben, um zum Beispiel die Anlage, die Kopfhörer oder ähnliches zu testen. Ohne dabei in die Grenzbereiche hineinzugehen. Auffallen muss man nicht durch Effekte! So erwartete ich es fast schon, dass beim Kauf meiner neuen Boxen letztes Jahr der HiFi-Händler mit einem Yello-Album die Qualität der Lautsprecher unter Beweis stellen wollte (und stellte).

Musikalisch geben sich Yello auf Zebra trotz des schwarz-weiß Covers wieder farbenfroh, wobei mir auf diesem Album ein potenzieller James Bond Titel fehlte (den haben sie auf vielen Alben und ich hoffe, dass man sie nochmal für einen Soundtrack auswählt). Es macht Spaß und groovt. Damit ist es doch ein passendes Tipp für Februar. Wie kann man auf Intro lesen:

Zwischen musikalischem Dadaismus und trendmäßiger Disco-Konfektionsware, zwischen graziler Coolness und naivem Schwachsinn, YELLO kreieren immer wieder aufs Neueste ihre Eigenart, jede Klischeerfüllung oder -entlarvung ist ihnen dabei recht.

http://www.intro.de/platten/kritiken/23017036

Natürlich eine Bildassoziation von mir, dieses mal gar nicht so weit hergeholt. Und ich denke, ich muss die Assoziation nicht intensiv begründen. Aber: Nicht nur das Zebra-Muster ist mir dabei wichtig, auch, dass es auf die Details ankommt 🙂 Just like Yello-Music

Lars Kilian: Auf die Details kommt es an (CC BY-SA 4.0)

Und natürlich noch ein Video zum Schluss

Locust ‎– Morning Light (1998)

Bildquelle: https://img.discogs.com/Tkhh7dYmCL6O3lUmfKQ7Nmd4WRE=/fit-in/600×597/filters:strip_icc():format(jpeg):mode_rgb():quality(90)/discogs-images/R-118170-1462925304-8937.jpeg.jpg

Wiederentdeckung des Monats in meinem CD-Regal. Locusts Morning Light. Wie ein guter Wein. Im Laufe der Jahre reift das Album und wird stets besser. Oder liegt das am Hörer? Egal wie rum man es auch sehen mag – was ich Ende der 90er einfach nur „anders / interessant“ fand und deshalb kaufte, entpuppt sich als wohlig wabernder, ruhiger, in dunklen aber warmen Tönen changierender Groove. Gab es früher die Gänsehaut zum wunderbaren Titel „Jukebox Heart“, scheint sich nun Song um Song organisch in diesem Album zu fügen. Nichts ist perfekt, was es wohl gerade deshalb perfekter klingen lässt. Da tauchen aus dem Nichts scheinbar unpassende Sequenzen auf und fügen sich dann doch in diese Klanglandschaften, ein Breakbeat unterstreicht dezent einen gehauchten Gesang. Die elektronischen und akustischen Instrumente sind gleichberechtigt und selbst Vogelgezwitscher oder plätscherndes Wasser laufen mal dezent – fast ungewollt – im Hintergrund.  In der Intro steht zum vorangegangenen Album von Locust der richtige Satz, der eigentlich diesem Album gelten sollte: „Das Ergebnis sind ebenso intelligente wie urbane Soundscapes für eine Ewigkeit.“ (Quelle) Oder, wie ein Kommentar zum Lied „No One In The World“ kurz und passend bemerkt: „pure beauty!“

Und weil das Album so vielschichtig, so sanft und detailreich, geheimnisvoll und doch strahlend ist, „spendiere“ ich ihm ein Bild, welches ich dafür passend finde. Es ist eine simple Deckenlampenschale. Mit den goldenen Beschlägen und dem indirekten Licht schuf sie eine wundervolle Stimmung an dem Ort, an dem sie hing und wohl auch noch hängt.

Morning Light
Lars Kilian: Morning Light (2017) CC BY SA 3.0 DE

Und weil es so schön ist: Hier der Titel „No One In The World“

The Cure – Seventeen Seconds (1980)

Als gäbe es nichts Neues auf dem Musikmarkt, kommt hier der nächste alte Schinken. Aber Leute: es ist ein wirklich grandioses Album, was The Cure 1980 veröffentlichten. Eigentlich bleibt mein Finger bei der Suche nach akustischem Schmaus selten im CD Regal bei The Cure hängen, Aber wenn ich unterwegs meine MP3s am Telefon per Zufallswiedergabe höre und dann und wann mal ein Song des Albums über die Kopfhörer an mein Gehör dringt, freue ich mich. Und dann darf auch das Album mal wieder über die heimische Anlage in ganzer Länge ertönen.

Schleppende Beats, Monotonie, emotionsloser und leidender Gesang in minimalistischen Klangwelten. Robert Smith soll vor der Veröffentlichung bereits gesagt haben, dass das Album richtig langweilig werden wird. Und doch, es schimmern Farben, es gibt Energien, es treibt da was an.

So wie Georges Seurat mit seinen Werken den Pointillismus in der Malerei prägte, haben The Cure mit Seventeen Seconds den Dark Wave/Gothic geprägt. Jeder Song dieses Zweitlings der Band ist was Besonderes. Mit „A Forest“ jedoch schafften The Cure zu Recht den Durchbruch: Fernsehauftritte, breiteres Publikum und internationale Beachtung. Und als ich jüngst eins meiner Fotos bearbeitete, kam mir sofort der Song in Erinnerung. Daher soll das Album heute und an dieser Stelle nochmal von mir gewürdigt werden. Reinhören. Die dunklere Jahreszeit steht vor der Tür.

Lars Kilian (2021) A Forest

Frankie Goes To Hollywood – Welcome To The Pleasure Dome (1984)

Streaming von Musik, das war in den 80er Jahren des letzten Jahrhundert nicht mal Zukunftsmusik. Dafür gab es Alben und manchmal sogar Konzeptalben. Wie dieses von Frankie Goes To Hollywood. In der heutigen Zeit fast schon unvorstellbar, sich ein ganzes Album komplett anzuhören, wenn der nächste Song nur einen Fingertip entfernt ist. Dabei ist es unglaublich, welche Vielfalt und welche Geschichte so entfaltet werden kann.

Das Album ist eins der Klassiker der 80er Jahre. Bizarre Sound-Gedichte von Holly Johnson wie in „The World Is My Oyster“ irritierten mich damals bezüglich der Aussage(n). Der Sound hingegen fesselte mich von Anfang an. Perfekt produziert, bombastisch, voll, aber auch mit Platz für ruhige Passagen und Töne. Das Album trägt den Hörenden von Anfang an durch eine wirre Welt voller Geschichten. Dank der Möglichkeit, dieses Album auf CD hören zu können, gibt es keine Brüche durch das lästige Umdrehen von Platte und alles fließt nahtlos ineinander. Ein großartiges Debut der Band! Allein 63 Wochen Platz 1 der britischen Albencharts und unter den Top 10 der bestverkauften Alben des Jahrzehnts. Ein Evergreen der Musik und muss in der Sammlung. Und nicht zuletzt ein guter Grund, diese Musik nach fast 40 Jahren mal wieder zu würdigen 🙂

Ich denke u.a. häufig an das titelgebende Stück „Welcome To The Pleasure Dome“, wenn ich auf Volksfesten unterwegs bin. Daher auch mein Begleitfoto zu diesem Stück, entstanden in Bremen.

Welcome To The Pleasure Dome
Welcome To The Pleasure Dome by Lars Kilian

Auch Bremen Eins erinnerte sich im Juni 2021 an dieses Werk. Frankie und der Bombast der 80er – Bremen Eins

Depeche Mode – Black Celebration (1986)

Quelle: https://img.discogs.com/j3vnVOE0u-BWz1gcaju-dWmG-Ms=/fit-in/600×601/filters:strip_icc():format(jpeg):mode_rgb():quality(90)/discogs-images/R-65449-1319726932.jpeg.jpg

Vor nun fast 35 Jahren (!!) veröffentlichte Depeche Mode dieses Album. Musikalisch in eine spannende Zeit geworfen: Weg vom Rock und seinen Ablegern, die aber immer noch nachwirkten, inmitten des Aufbruchs ins Digitale und des Pop, der durchaus dem Dark Wave verbunden sein durfte. So ist dieses Album der Zukunft irgendwie zugewandt und an ihr interessiert, will aber mit seinem dunklen Anstrich dort gar nicht ankommen. Hier feiert Depeche Mode die schwarze Messe der 80er und lädt mit großer Geste ein.

Das Arrangement gefällt mir u.a. deshalb, weil es musikalisch aufgrund der fließenden Übergänge ein Konzeptalbum sein könnte (oder ist?). Funktionieren derartige Kompositionen noch auf Medien wie Spotify? Hört man sich auf Streaming-Diensten noch ganze Alben an?

Es war für die damalige Zeit technisch aufwändig produziert. Ich erinnere mich noch an Besprechungen, wo Details wie den digital akustischen „Nachbau“ des anspringenden Motors eines Sportwagens diskutiert wurden. Offenbar einmalig für die damalige Zeit. Ich denke, hier lohnt sich tatsächlich ein Nachkauf der remasterten Version von 2017, die sicher den Sound der 80er nochmals überflügelt. Darüber hinaus war dieser mutige Schritt der vier jungen Musiker äußerst erfolgreich. Alle Singles kamen in Deutschland in die Top 10 und das Album sogar im März 86 auf Platz 2.

Die Riesenerfolge, etwa mit „Personal Jesus“ und „I Feel You“ würden ja noch ausstehen. Aber während zum Beispiel „Never Let Me Down Again“ aus dem Albumnachfolger „Music For The Masses“ (1987) schon so klang, als machen sich Depeche Mode fürs Stadion warm, war „Black Celebration“ sich selbst genügend, ein kleiner funkelnder Diamant, der aus der Hosentasche lugt.

https://www.rollingstone.de/reviews/depeche-mode-black-celebration-review/

Das das Album hier und heute nochmal „ausgegraben“ wird, hat einen guten Grund. Ich sah vor einiger Zeit in Italien die abgestellten Vespas, Mopeds oder Motorräder mit ihren großen Frontscheiben. Sie bildeten in Summe einen milchigen Blick auf die Straßenszenarie im Hintergrund und ich dachte dabei an den Song „Fly On The Windscreen“ von Depeche Mode. Daher mein Bild zum Album.

(C) Lars Kilian: Fly On The Windscreen

Zum Album (und Foto) gibt es sogar noch ein offizielles Video, dass aber für mich irgendwie im Gegensatz zur Musikwahrnehmung steht. Augen zu und durch!

Yello – The Eye (2003)

Bildquelle: https://img.discogs.com/y1KY-Jq-NcAuXlHYDS7qKFhH1ec=/fit-in/600×539/filters:strip_icc():format(jpeg):mode_rgb():quality(90)/discogs-images/R-210616-1178713318.jpeg.jpg

Sie können es noch immer. Dieter Meier und Boris Blank, angekommen im 21 Jahrhundert, zeigen wie elektronische Musik abseits des Mainstream klingen kann, ohne abzuheben oder die Gehörgänge mit Abwegigen zu strapazieren. Dancefloor-Rhythmen, Salsa, Bombast, BigBeat von Boris Blank und die seit 25 Jahren typische Bassstimme von Dieter Meier zeichnen das Album aus. Dazu eine gehörige Portion Spaß an Musik, am Erkunden und Entdecken, am Spiel und jede Menge Ironie und Coolness. Es ist ein Schritt zurück zu den Wurzeln von Yello, ohne ein Rückschritt zu sein. Um dem gerecht zu werden, haben sich die Schweizer dieses Mal die Vocalistin Jade Davis ins Studio geladen, die durchaus einen angenehm frischen aber warmen Wind über das Album fegen lässt. Fein fein. Frage: Lieferten Yello schonmal einen Soundtrack für einen James Bond Film? Falls nein, warum eigentlich nicht?

Zu diesem Album assoziierte ich ein Bild, welches ich auf Ferropolis, der Stadt aus Eisen aufgenommen hab. Es zog mich die letzten 15 Jahre dort immer wieder zum MELT! Festival. Die atemberaubende Kulisse inmitten der gigantischen Braunkohlebagger, die viele Musik, die feierfreundlichen Menschen. Das, so dachte ich, passt doch irgendwie zum Song „Planet Dada“ des Albums – wobei der Song aus den allgemeinen Kanon irgendwie ausbricht – wenngleich er so typisch für Yello ist. Das Bild selbst entstand nicht während des Festivals, sondern zu einer extra Visite das Geländes jenseits des wilden Treibens….

Little Planet MELT
(C) Lars Kilian „Planet Dada“

Grimes – Visions (2012)

Reinhören

Das Cover schreckt potentielle Hörer schonmal ab. Oder erzeugt es doch eher Aufmerksamkeit? Meine erste Assoziation war: ein Japan-Reimport 🙂 Crimes schafft es, mit ihrem dritten Album Grenzen aufzuheben und Gegensätze zu verschmelzen. Ein Gengreclash, den die Leute bei plattentest.de als „Electro-Album für Urban-Outfitters-Mädchen“ bezeichnen. Zentral ist ein schwebender Elektro-Pop, der von fast schon elfenhaften Gesängen Cocteau Twins & Co.  ummantelt wird. Passt auch irgendwie zum Plattenlabel 4AD. Damit wird es gleichsam unspektakulär oder auch scheinbar beliebig. Aber man sollte Grimes die Aufmerksamkeit widmen, die sie verdient. Dann offenbart sich das feine Geflecht der Sounds, die dieses Album auszeichnen. Für diejenigen, die keine Zeit und Ruhe dafür finden,  bleibt noch das cover als Tatoo-Vorlage 🙂

Offizielle Webseite von Grimes


Psapp – Tiger, My Friend (2004)

Reinhören

Quietschentchen und Fahradklingeln oder andere Dinge unserer Umwelt als Instrumente einzusetzen, ist nicht neu. Aber nicht jedem gelingt es, aus diesen Versatzstücken kleine Geschichten zu stricken. Psapp gelingt das ausgezeichnet. Mit einem akribischen Spieltrieb konstruieren sie mit diesem Erstlingswerk Hörwelten, die viel Platz zum Entdecken und interpretieren geben. Ein Gengre ist ihnen genauso fremd wie die Abgrenzung irgendwelcher musikalischen Mittel. Eine zauberhafte Märchenwelt, die sie hier präsentieren. Freunde von CocoRosie dürften sich freuen…

Goose – Bring It On (2006)

Reinhören

Es geschehen doch immer mal wieder Wunder. Die belgischen Goose starteten als ACDC- Coverband (!), bevor sie irgendwann anfingen, ihren Stil zu entwickeln. Vielleicht war das Vorspiel aber auch gut für die richtigen Fingerübungen, denn gerockt wird immer noch. Nur auf einem Niveau, auf dem nicht bloß heiß gegessen , sondern immer noch gekocht wird. In ihrem Schmelztiegel wird alles zusammengeworfen, was wirklich würzig ist. Dicke Gitarre, prägnante Drums, Synthesizer (scheinbar mit den Ellenbogen gespielt) und Texten, die sich direkt ins Ohr bohren. Eine perfekte Mischung aus Pop und Rock, Elektro und Akustik, Träumen und Springen. Und so passt auch die wiederholte Textzeile in „British Mode“, wenn sie mehr schreien als singen „Give me a reason to cool you down…“ Auf dem Album jedenfalls fanden Goose keinen Grund, irgendwas abkühlen zu lassen. Bestimmt die Lieblingsband von Chuck Norris. Großartig und schön. Dass es jetzt eine ACDC Coverband weniger auf der Welt gibt, ist dabei mehr als verzeihlich 🙂 Das Video passt in seiner optischen Verdrehtheit zum Album!

Offizielle Webseite von Goose

Goose bei Wikipedia

New Order – Substance (1987)


Reinhören

Nach dem überraschenden Ableben von Ian Curtis und dem damit verbundenen Ende von Joy Division brach die Zeit von „New Order“ an und brachte so manche Synth-Pop-Perle zu Tage. Regelmäßig veröffentlichte die Band  seit den 80ern (bis heute) Alben, die diesen typischen Sound haben und doch auch immer wieder dem Zeitgeist entsprachen, ohne sich ihm zu unterwerfern. Dazwischen gab es regelmäßig Singels, die oft die eigentlichen „Hits“ enthielten. Substance stellt die erste Compilation von New Order dar, die 1987 auf den Markt kam und eben diese Singels plus B-Seiten und weiteren Remixes aus den Vorjahren vereinte. Eigentlich kann ich dem BBC Review zu diesem Doppelalbum nur zustimmen: „Still the best album the band never made…“ Insofern für alle Neu-Entdecker der Band ein mehr als gelungener Einstieg in diesees Universium und für alle Nerds sowieso ein must have!

Anbei noch der Chartbreaker „Blue Monday“

NEW ORDER – Blue Monday [Official Video] HQ from DAS BUNKER ENTERTAINMENT on Vimeo.