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Sade – Lovers Rock (2000)

Quelle: Discogs

Das bislang letztes Album von Sade – die Soldier of Love (2010) konnte mich bislang nicht überzeugen – soll auch mal wieder hervorgeholt werden. Zu einem Zeitpunkt, in dem die Welt auf so viele Arten aus den Fugen gerät: Krieg, Klimakatastrophe, Energie- und Lebensmittelkrisen. Passt da dieser sanfte Beat überhaupt? Sade, deren Musik sicher gern an den Lautsprechern der Bars und den Lounges der Welt gespielt wird, eben weil sie passt, sich in den Raum einfügt und unaufdringlich bleibt. Damit bleibt sich aber auf das erste Hören auch unverdächtig. Genau das ist jedoch eine Stärke von Sade, die sie sich meines Erachtens mit Künstlern wie Tracy Chapman oder Susan Vega teilt. Denn neben aller musikalischen Gefälligkeit und Unaufdringlichkeit liefern die Song auch Botschaften, haben eine Message, die gar nicht beliebig, zugleich aber gut verpackt ist. Und so unterwandert Sade mit dem einen oder anderen Titel die akustischen Türsteher und Kontrollzentren in Kaufhäusern, im Radio, an der Bar oder sonst wo und bekommen die Chance, zu Wirken und auf ihre Aussagen aufmerksam zu machen. Immer wieder fällt mir dies bei Sade auf. Ein bisschen wie ein musikalischer Guerilla (ich hoffe, ich erzeuge nun keine falschen Bilder in den Köpfen). Denn wenn sie erstmal an den Plätzen ist und gehört wird, werden ihre kritischen Songs wahrgenommen und können dazu beitragen, die Welt ein bisschen besser zu machen. Ob es klappt? Die Hoffnung stirbt zum Schluss…

Neben all dem Politischen sei aber auch anzumerken, dass es ein wirklich gutes sowie klassisches Sade Album ist, welches nach acht Jahren Ruhezeit veröffentlicht wurde. Ohne pompöse Gastauftritte bekommt man hier reine und klare Musik von Sade, voll von Wärme, Liebe und schwebendem Funk & Soul. Und dieser Sound passt immer. Insofern: Meine Empfehlung für den August 2022.

Eine eigene Bildassoziation zum Album, und hier insbesondere dem Titel „King Of Sorrow“ habe ich auch, denn die Musik von Sade hinterlässt bei mir stets ein paradoxes Gefühl von leichter Schwere und gelöster Trauer. Wie das Klingelschild, welches ich auf Reisen sah und das aus der Ferne traurig dreinblickt, aus der Nähe aber auch was skurriles hatte… Me

Lars Kilian „King Of Sorrow“ (2020), CC BY SA 4.0

The Roots – How I Get Over (2010)

Bildquelle: https://img.discogs.com/R0eqNuZIEVMHqZw6UX3rgrf1glo=/fit-in/480×480/filters:strip_icc():format(jpeg):mode_rgb():quality(90)/discogs-images/R-2431553-1285097403.jpeg.jpg

Die Nominierung als bestes Rap-Album bei den Grammy Awards 2011 überrascht – oder auch nicht. Denn The Roots lieferten mit How I Get Over ein sehr ruhig-warmes Album ab, das einen spannenden Stilmix von Hip-Hop mit Elementen des Jazz & Soul, aber auch Gospel und Indie Pop verschmilzt. Durch diesen Mix entsteht ein atmosphärisch dichtes Album, was durch den teilweise fließenden Übergang (oder ist der nur gefühlt fließend?) zwischen den einzelnen Titeln unterstrichen wird. Auch der Fakt, dass auf fast alle elektronischen Hilfsmittel bei der Aufnahme verzichtet wurden, ist hörbar. Trotz der Einordnung in den Rap wird ausgesprochen viel gesungen, insbesondere bei den Refrains.

Insgesamt kommen The Roots damit bei ihren eigenen Wurzeln an, die sie Mitte der 90er Jahre in den musikalischen Boden streckten. Mit ruhigem Puls werden die Gedanken in Worte gefasst, die Musik begleitet und treibt nicht und bietet so den nötigen Rahmen und Raum, das Musik und die damit verbunden Statements wirken zu lassen.

Als ich das auf eine ganz skurrile Weise verdrehte Kruzifix in Istanbul sah, welches als Plastik zu bewundern war, dachte ich nicht an das hier vorgestellte Album. Als ich jedoch den Titel „Dear God 2.0“ bewusst hörte, fiel mir dieses Kreuz wieder ein. In der Welt seiend, dennoch unwirklich, optisch verschwommen auf mich wirkend trotz klarer Konturen. Dies sind einige Assoziationen, die ich mit dem Titel hatte. Daher das Bild zum Album…

Jesus am Kreuz
C) Lars Kilian: Dear God 2.0

Prince And The Revolution – Parade (1986)

Über Tote soll man bekanntlich nicht schlecht schreiben… ABER Prince bietet mir mit seinem Album „Parade“ auch keinen Grund, dies zu tun. Sein Soundtrack zu (ebenfalls seinem) Film „Under the cherry moon“, dessen Entstehungsgeschichte schon ziemlich interessant zu lesen ist. Vor langer Zeit hab ich das Album erstanden, damals vor allem wegen des Überhits KISS und dann nach und nach immer mehr darauf entdeckt. Vor allem die ruhigeren Stücke tragen weit, wobei es insgesamt spannend ist, hier ein wenig in den Kosmos dieses Stars reinzuhören…

The Heavy – The Glorious Dead (2012)

Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/thumb/4/48/The_Glorious_Dead.jpeg/220px-The_Glorious_Dead.jpeg

Fat! HipHop meets Soul meets  Blues meets BigBeat meets Funk meets… Ein rauher, roh, eklektisch. The Heavy eroberten mein Ohr im Sturm mit den selbstproduzierten Alben, frei jedweder Konventionen. Gemacht wird, was Spaß macht, was kracht und was berührt. Die Briten liefern mit „The Glorious Dead“ erneut eine Dampfwalze, die sich durch den Einheitsbrei der Musiklandschaft wälzt um Platz zu schaffen für Neues. Im Radio hörte ich sie, trotz ihrer großen Erfolge (Gold für ihre Single „How YOu Like Me Now?“, Zugaben in der Letterman-Show, Musik für Bierwerbung und TV-Serien…) noch nicht. Macht nichts, es gibt ja die CDs.

,,Wieder einmal mobilisieren sie eine Energie, die nicht jede Band vorzuweisen hat. Im Vergleich zu den bisherigen beiden Alben klingen sie sogar noch wuchtiger.“ (musikexpress, September 2012)

,,Ziemlich durchgeknallt geht das britische Quartett The Heavy zu Werke.“ (Rolling Stone, September 2012)

,,Garagenrock, Gospeliges, Old-School-Soul mit Stax-Zitaten, die Gossenästhetik eines Tom Waits und Klänge wie aus 50’s Gruselfilmen verquirlt man zur aberwitzigen Mixtur.“ (Stereo, Oktober 2012)

The Heavy – Great Vengeance And Furious Fire (2007)

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Minimales kann bombastisch sein. Vorausgesetzt, die Mischung stimmt. Und hier sind The Heavy echte Meister. In erster Linie wird gerockt und scheinbar munter drauf losgehauen. Aber schon beim ersten Hören fällt auf, dass da mehr drin steckt. Einflüsse von Reggea, Blues und Funk und Soul drücken sich durch trotz der dicken Beats deutlich an die Oberfläche, dass es nur so poppt. Dazu ein energetischer Gesang, der gern auch mal durch den Equalizer geleiert verfremdet klingen darf. Mich erinnern sie mit diesem Album an  „Elephant“ von den White Stripes und auch der Gesang, oder besser, der gekonnte Umgang mit der Stimme als weiteres Musikinstrument, zeigt hier und da für mein Gefühl Ähnlichkeiten, ohne diese abzukupfern. Auch  Verweise auf Curties Mayfiled oder Assoziationen zu Jamie Lidell tun sich bei mir auf.

Die Platte macht sich keine Sorge um ausgewogene 7.1 Surroundsysteme und HiFi-Anlagen sondern konzentriert sich auf das, was wichtig ist: Spielen, Kreativität, Rhythmus. Da darf oder muss es auch rumpeln oder übersteuert und stets etwas zu laut klingen, solang die Message stimmt! Mono geht immer und Musik ist ein Selbstzweck.

Mich erstaunen solche Bands wie The Heavy, da sie es trotz des Gefühls, dass doch alles schon mal dagewesen sein sollte, schaffen, ein grandioses Werk abzuliefern, dass locker und unangestrengt, beinah wie aus dem Hemdsärmel geschüttelt, daher kommt. Da freu ich mich doch schon drauf, die Platte alsbald mal wieder abzuspielen 🙂

The Heavy – Coleen from Bryan Rone on Vimeo.

Tindersticks – Can Our Love… (2001)

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„Möchte man die Musik der Tindersticks beschreiben, greift am besten zu Ölfarben und Leinwand: Ein wolkenverhangener Himmel, ein öder Baum im Herbstwind, die Trostlosigkeit einer rauhen Felsenküste. „Can our love…“ schreibt die Geschichten, die die sechs Edel-Melancholiker seit mittlerweile 10 Jahren vertonen, nahtlos fort. Musik, Literatur und Kunst vereint in zeitloser Schönheit. Impressionen aus einer Welt, der die Farbe entzogen ist und die den Hörer mit ihrem morbiden Charme vom ersten Ton an aus der Realität reißt. Musik zum allein sein, für das heiße Schaumbad am kalten Wintertag , für die Einsamkeit nach dem Streit.

Trotzdem: Irgendwas ist anders! Bereits auf „Simple pleasure“ hat es sich angedeutet, jetzt gibt es keinen Zweifel mehr: Zwischen die Grautöne haben sich Farbtupfer gemischt. Spärlich, kaum merklich, hat sich der Schleier ein wenig gehoben, ein Hintertürchen ist aufgestoßen, der Zugang einfacher geworden. Aufatmen bei all jenen, die bisher keine Muse hatten den beschwerlichen Weg in Stuart Staples Psyche anzutreten, die angezogen und abgeschreckt zugleich waren. Fans haben den Trauerflor bereits vor dem ersten Hören angezogen, aber zum erwarteten Stich ins Herz gesellt sich diesmal eine reale, kleine Enttäuschung. Das Unbeschwingte, das in Stücken wie „People keep comin‘ around“ mitschwingt, nimmt der Band etwas von ihrer Ausnahmestellung. Ein gewisses Plätschern ersetzt Momente, die früher höchste Aufmerksamkeit verlangten. Ausnahmen bestätigen die Regel: „Dying Slowly“ oder das titelgebende „Can our love…“ sind pure Emotionen, abgrundtief traurig und wunderschön zugleich.

Kann man der Band vorwerfen, das sie nicht auf ewig neue „Curtains“ webt? Wiederholung hätte in die künstlerische Sackgasse geführt, ein radikaler Bruch der Band die Identität geraubt, die vorsichtige Neubestimmung mag den Kritikern vorerst Munition geben, doch der Sonnenschein, der durch die Wolkendecke der Songs schimmert, mag auch metaphorisch für die Zukunft der Tindertsticks stehen. Eine solche Liebe ist zu allem fähig. (Thorsten Thiel)“ (http://www.plattentests.de/rezi.php?show=536)

Sergio Mendes & Brasil ’66 – The Very Best (1986)

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„Der preiswerte Überblick über das musikalische Schaffen des brasilianischen Pianisten, Arrangeur und Komponisten Sergio Mendes und seines Sextetts Brasil’66. Sergio Mendes‘ disziplinierter und doch sexy Beat versetzt uns in folgende Szenerie: Strand, Meeresrauschen, ein heißer Tag neigt sich dem Ende, ein kühler Drink … und verheißungsvolle Blicke. Mendes interpretiert Brazil-Klassiker wie „Mais que nada“, Bacharach’s „The Look of Love“ und Beatles-Songs („Fool on the Hill“, „Norwegian Wood“) in seinem unverwechselbar relaxten Stil – sanft schwingend und doch dynamisch. Lovely.“  (http://www.amazon.de/review/R2BJ4GRHNWY2X7)

Wikipedia (en) über Sergio Mendes

Curtis Mayfield – Curtis (1970, 2000)

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„‚Selten war eine Wiederveröffentlich so gerechtfertigt wie im Falle des vorliegenden Albums. Soulfans aller Couleur balgen sich schon jahrelang um die seltenen LP-Exemplare aus dem Jahre 1970.‘ (Kritik von J.Fischer in der Zeitschrift „Stereo“ aus 6/93) Diesem Zitat ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.
Curtis Mayfield ist das musikalische Sinnbild des intellektuellen Kampfes gegen den afro-amerikanischen Rassismus und reiht sich mit seiner Musik gleich hinter die Grundsätze eines Martin Luther Kings ein, der zwei Jahre vor der Erstveröffentlichung dieses Albums erschossen wurde. Abgesehen von diesen wichtigen politischen Botschaften, beinhaltet diese CD eigentlich durchgehend wunderschöne Songs – meist mit coolen schleppenden funky Grooves, oft mit jazzigen Bläsersätzen und fast immer tanzbar. Sahnestücke sind selbstverständlich die Klassiker ‚if there’s s hell below…‘ und ‚move on up‘. Als weitere Anspiel-Tipps sind ‚the other side of town‘, ‚we the people who are darker than blue‘ und ‚wild and free‘ zu empfehlen. Mit drei Worten zusammengefasst: Ein Stück Musikgeschichte!“ (http://www.amazon.de/review/R3B39FP2Q9SENQ/ref=cm_cr_rdp_perm)

Ein Video von Curtis bei Youtube