Saalschutz haben ja kein Problem mit Größenwahn, was sie sympathisch macht. Die (berechtigte?) Frage, wer die beste Band des Universums sei – Radiohead oder Saalschutz – entscheiden Saalschutz für sich. In gewohnter Ravepunkmanier spaßen sie sich durch ihr Universum und versuchen, über ihre Stereotiefensuggestion jede_n für sich zu gewinnen: „Ich will Saalschutz, den ganzen Tag / Nichts als Saalschutz, weil ich Saalschutz so mag. / 60 Minuten in der Stunde oder mehr…“
Zugegeben, zum Erstlingswerk m.E. keine Steigerung, aber aufgrund des Spaßfaktors immer wieder gern gehört. Übrigens: Die beiden Schweizer schaffen es ja, ihren Werken im ersten Titel eine Begrüßung vorzuschalten. Hier eröffnet Jörg Buttgereit, von dem ich letztmalig was vor XXX Jahren hörte und mich wirklich überraschte.
Reinhören Wer einem Sonnenaufgang die Aufmerksamkeit entgegenbringt, die diesem gebührt, wird sehen, dass er trotz seiner Alltäglichkeit nie identisch und mit ihm eine unbeschreibliche Komplexität verbunden ist. Dieser Gedanke kam mir heute beim Hören des immerhin schon 18 Jahre (!!!) gereiften Radiohead Albums „OK Computer“. Das Album verbrachte lange Zeit in einer Twilight-Zone meines Musikschranks und ich konnte mich nicht für oder dagegen entscheiden. Aber, nachdem ich mir die Zeit zum Zuhören nahm, entfaltete es mir einen unglaublichen Kosmos, den man wahrlich nicht alle Tage hören kann. Er erinnert mich an Konzeptalben von Pink Floyd, trägt die Melancholie, die sich Bright Eyes findet, hat die Kraft von Interpol und die Zuversicht von B.Fleischmann – um mal einige Assoziationen zusammen zu tragen… Es ist in der Tat ein sehr gelungenes Stück Musik, zu Recht mit dem Grammy Award for Best Alternative Music Album ausgezeichnet. Und so hat es sich nun doch in meinem Plattenschrank einen festen Platz reservieren können 🙂
(Wie passend, nach dem gestrigen Post hier im Blog) „Rest Now, Weary Head! You Will Get Well Soon…“ Mit dieser Textzeile beginnt das gleichnamige Album und zeigt auch gleich dank choralem Gesang und orchestraler Begleitung in Moll gebettet, wohin die Reise gehen soll. In ein Land, in dem der Schwermut nicht weggefegt werden kann, aber die geschundenen Knochen und der müde Kopf balsamiert und beruhigt werden. Begleitet wird dieses Ritual vom Wissen, dass es auch anderen gerade nicht besser geht, aber dass es doch immer wieder einen Hoffnungsschimmer geben wird, der dich dazu bringt, aufzustehen und weiter zu gehen. Und so helfen überschwengliche Melodien, wieder in den Tag und Trap zu kommen, tief einzuatmen und die Sonnenbrille aufzusetzen.
Es ist mir fast nicht vorstellbar, dass dieses Album im Alleingang erarbeitet wurde.Musikalische Anleihen an Nick Cave, Tindersticks, Bright Eyes (oder besser Conor Oberst?) oder Radiohead und eine sehr abgefahren Akustikversion von Underworlds „Born Slippy“ lassen aufhorchen und begeistern. Klingt zwar nach Raubkopien an allen Ecken und Enden, ist aber keines Falls so. Vielmehr ist es das (erreichte!) Ziel von Mastermind Konstantin Gropper, vollkommen neue Songs abseits des Mainstreams zu basteln. Und so glaube ich ihm gern, wenn er nach seinem vollmundigen Versprechen der Heilung nachschiebt: „“I tried my very best to make this music lovable.“
Hörprobe Habt ihr ihn schon bemerkt? Den kleinen weißen Lichtstreifen, der jeden Abend etwas länger am Himmel bleibt und von der Sonne, warmen Winden und schattigen Plätzen an Seen kündet.
Der Bassist von Fridge, Adem Ilham, schreibt für diesen Lichtstreifen vielleicht Musik, um ihn zu locken. So entstanden hier wunderbare Homesongs am heimischen PC, bei denen alles, was Geräusche machen kann, wohldosiert und -gewählt aufgenommen und abgemischt wurde. Dazu zählen Glocken, Tasteninstrumente und akustischen Gitarre, Blockflöte, Stimme, Harfe, Harmonium, Bass, Percussion… Und viel Raum, damit sich alles entfalten kann um Mitsingzeilen wie „Everybody needs some help sometimes“ ganz nebenbei in die Gehörgänge zu pflanzen, auf dass sie dort den ganzen Tag hängen bleiben.
„“Homesongs“ sind zehn sehr intime, ruhige Stücke die in Ilhans Wohnung entstanden sind und auch eher Bett- statt Club-kompatibel sind. Die Produktion selbst ist im Studio ausgefeilt worden, allerdings bleibt die Technik versteckt unter Melodie und Atmosphäre. Wärme aber auch Einsamkeit, Nachdenklichkeit und dieses unwirkliche 3-Uhr-Morgens-Und-Ich-Bin-Noch-Wach-Gefühl wurden in einer seltenen Reinheit und Konzentration auf die CD gepresst, dass schon mal Gänsehaut aufkommen kann. Adem Ilhans markante und zugleich zurückhaltende Stimme trägt ihren Anteil dazu bei und verleiht den Songs die persönliche Note…. Als Fazit bleibt: Großartig! Aber eben nicht für jeden Geschmack und jede Stimmung geeignet. „Homesongs“ sind anspruchsvolle aber befreiende Kost, keinesfalls massenkompatibel und bestenfalls im heimischen Groß-Britannien bei einem speziellen Publikum erfolgreich. Wer bei RADIOHEAD oder COLDPLAY noch etwas die Geschwindigkeit zurückdrehen möchte oder sich noch etwas mehr Tiefgang/Intimität wünscht, muss auf jeden Fall reinhören.“
(Oder ist es der Lichtstreif, mit welchem sich der Sommer verabschiedet?)