Und schon wieder geht es um Vergnügen, jetzt um die der Joy Division. Dass Ian Curtis Vergnügen unbekannt gewesen sein müssen, lässt nicht nur die Dunkelheit und Schwere dieses Albums deutlich werden, sondern auch sein früher selbstgewählter Gang von diesem Planeten. Für die Musikgeschichte hinterlies er ein schweres Erbe, welches nur zwei Alben beinhaltet, aber eine Neudefinition von moderner Musik mit sich brachte. „Unknown Pleasures“ ist der Erstling von 1979, dem im Gegensatz zu besser geschliffenen Diamanten „Closer“ von 1980 noch mehr der Punk anzuhören ist. Die Überbetonung des Schwarzen in Bass, Schlagzeug und Gesang stand sicherlich Pate für nachfolgende Gengres und wirkt bis heute hinein, wie Gruppen wie Interpol, Editors etc. belegen.
2000 wurde auch dieses Album einer akustischen Generalüberholung unterzogen und gleich noch eine Bonus-CD mit einem Konzertmitschnitt beigelegt.
Und ich hege den Verdacht, dass das Cover des Albums am meisten auf T-Shirts abgedruckt worden ist…
Wie schreibt man über eine Platte, die einem gleich zu Beginn mit knapp 20 gebrüllten Fucks und fast ebensovielen Shits überrascht? Was sagt man über Musikvideos mit sich bis aufs Messer bekriegenden Frauen? Wie stellt man die Künstlerin vor, die sich auf Konzerten gern mal einen rosa Gummidildo umschnallt? Und wie vor allem macht man jemandem, der noch nie etwas von Peaches gehört, gesehen oder gelesen hat, begreiflich, daß die neue CD „Fatherfucker“ verdammt nochmal geil ist?
Man kann beispielsweise auf die lange Reihe von Peaches-Fans verweisen, die seit ihrer Debüt-EP „Lovertits“ aus dem Jahr 2000 ständig anwächst: Iggy Pop, Beck, Björk, Queens Of The Stone Age und The White Stripes finden sie toll. Karl Lagerfeld hat sie fotografiert. Sogar die FAZ lobte das neue Album. Nun ja. Oder man versucht die Musik zu beschreiben, die sich angeblich irgendwo hinter Schlagworten wie Elektro-Punk oder Porno-HipHop versteckt. Peaches jedenfalls macht genau eins: ihr eigenes Ding. Selbstbewußt, stark und sexy, wenn auch vielleicht auf Dauer etwas zu viel von allem. Egal.
Peaches, eigentlich Merrill Nisker, stammt aus Toronto, machte schon dort Musik und kam über ihren früheren Bandkollegen Gonzales erst nach Berlin und dann zum Label Kitty-Yo. Schon der erste Longplayer „Teaches of Peaches“ brachte diesen schnellen, schmutzigen, lauten Punk, aufgepeppt mit simplen Computerbeats, die explizit an die Achtziger erinnern. Kurze aber heftige Songs wie der Opener „I don’t give a…“ gehen sofort in die Beine. Und dazwischen. Damit sind auch die Texte gemeint, die sich um Sex und nichts anderes drehen. Schon der Albumtitel dreht das alte „Motherfucker“ einfach um: Warum müssen immer die Mütter dran glauben? Und auch „Shake yer dix“ geht in die gleiche, die richtige Richtung: Warum wackeln eigentlich immer nur die Frauen mit ihren Brüsten?“ (http://www.plattentests.de/rezi.php?show=1751)
„Peaches, die man hier immer noch liebevoll und vereinnahmend als Berlin-Underground-Entdeckung ins Taschentuch eingeknüpft hat, ist international längst auf dem Superstar-Level angekommen. Dafür bürgt nicht nur ihre Zusammenarbeit fürs dritte Album mit QOTSAs Josh Homme, Hardrock-Godmother Joan Jett und Beck-Produzent Mickey Petralia und die Tatsache, dass Pink einen Track wollte (und bekam) und Britney anfragen ließ (und nichts kriegte). Sondern auch die von Merrill Nisker selbst ungläubig erzählte Geschichte, dass Kelis backstage “Fatherfucker” laufen ließ, und als die CD hängen blieb, die zufällig anwesende Björk prompt ihr Exemplar helfend aus der Handtasche zog.
Wer jetzt aber von “Impeach My Bush” eine Rundum-Erneuerung erwartet, dem ist mit dieser Platte leider nicht zu helfen: Peaches ist kein Novelty-Act, der sich jedes Mal neu erfinden muss, sondern sie beschreitet ihren damals noch in das längst vertrocknete Electroclash-Beet eingepflanzten Weg, der sich nicht um Unterscheidungen zwischen Cock Rock und Sleaze-Elektronik schert, konsequent weiter. “Powerhouse” ist die einzige Währung, die Peaches interessiert. Und natürlich die radikale Emanzipation von nervtötenden Rollenklischees. Wenn sie den Refrain ihres Stückes “Boys Wanna Be Her” brüllt, kann man fälschlich durchaus “Boys wanna beaver, girls wanna beaver” verstehen: Biber, nicht nur dieses halb-possierliche Nagetier, sondern auch ein amerikanischer Kosename für das flaumig bis drahtig behaarte weibliche Genital (wie natürlich auch “Bush”). Gar nicht so abwegig bei dem gerne als Sex-Fiend gehandelten kanadischen Exportartikel, aber dann doch die verkehrte Richtung. Denn was Peaches sehen will, ist (endlich) weniger Konzentration auf den weiblichen Körper als Erotik-Fetisch im Pop, sondern (endlich) Vortritt für die Männer. Was auf “Fatherfucker” mit “Shake Yer Dix” schon deutlich ausformuliert wurde, findet jetzt in Stücken wie “Two Guys For Every Girl” eine variantenreiche Fortsetzung: “I wanna see boys get down with each other” annonciert sie, und im Interview mit der Zeitschrift Bust winkt sie, angesprochen auf das Vorbild-Potenzial des inszenierten Britney/Madonna-Kusses, müde ab und entgegnet: “It’s about time Pharrell Williams and Justin Timberlake or Snoop Dogg and fuckin’ Ludacris suck each other’s dicks for everybody to see, and release a video.” Subtil ist das nicht, sondern schon eher sehr pragmatischer, symbolträchtiger “Hands-on-Feminismus”, wenn dieses schlüpfrige Wortspiel an dieser Stelle erlaubt sei – in entfesselt röhrender, kickender Ummantelung, die musikalisch nichts zu wünschen übrig lässt. Dass diese Kombi dabei so viel Breiten-Appeal entwickelt, ist so unglaublich, dass ich unser Glück gar nicht fassen kann.“ (https://www.intro.de/platten/kritiken/23036350/peaches_impeach_my_bush?inc=artikel/i2008.content.detail&category=platten&subcategory=kritiken&item=23036350&teaserlogic=ArtikelPlattenKritikenDetail&ivw=PlattenKrit<)
„With the release of The Marshall Suite, there are probably an even dozen comeback albums in the Fall discography. Featuring virtually a new lineup comprised of untested musicians, The Marshall Suite returns Mark E. Smith to the music industry after a debacle of sorts. Given his unswerving control of any new Fall material that appears on the shelves, it’s unsurprising that this edition of the band sounds similar to its recent forebears — this is still a shambling, energetic garage band whose members record right next to their mics for maximum speaker-thrashing. If anything, this group is even more propulsive and noise-oriented than other editions of the Fall, which suits Smith perfectly. He sounds much more focused than he’s been in a while, working in that marvelous state of genius artistry that resists any attempt to explain how it’s happened. The album is a three-part suite that cycles through a variety of roughshod originals and a few excellent covers (Tommy Blake’s „F-‚Oldin‘ Money,“ the Saints‘ „This Perfect Day“). In many ways, The Marshall Suite is similar to previous Fall albums — a couple of British psychobilly stomps balanced with several experimental pieces featuring Smith ranting over a skeletal musical framework. Though it appears to usher in a new era of the Fall’s incredible history, The Marshall Suite also thankfully displays that Mark E. Smith is still in complete control of his unique artistic vision. ~ John Bush, All Music Guide“ (http://www.artistdirect.com/nad/store/artist/album/0,,904804,00.html)
Eine beeindruckende Listung der Diskographie von The Fall auf visi.com und Wikipedia