Helmut wünscht sich eigentlich, dass sein Name in Großbuchstaben geschrieben wird. Da dies aber in der Netzsprache gern als Schreien interpretiert wird, und dies Helmut gar nicht gut stehen würde, soll der Verweis darauf genügen 🙂 Statt dessen sein auf die angenehm fragile Musik verwiesen, die gerade durch ihre Unaufdringlichkeit positiv auffällt. Luftige Gitarrenriffs treffen auf blubbernd Drumcomputer die von einem beruhigenden Singsprech begleitet werden. Und so passt und beschreibt der Titel des Albums auch irgendwie den Stil: Es ist Polymono. Vielschichtig in seiner Einfachheit, Reduziert auf Komplexes. Assoziationen an The Notwist & Co. kommen bei mir auf, ohne das Gefühl eines Plagiats mitzubringen, wobei Adrian Schull, der Kopf von Helmut, Referenzen wie George Orwell, Four Tet und Calvin & Hobbes als Inspirationen aufführt. Zitty, das Kölner Stadtmagazin, greift bei der Katalogisierung von Helmut in die Vollen, wenn es schreibt: „Hätten Radiohead und The xx ein gemeinsames Kind, es wäre wohl der geheimnisvolle Wahl-Neuköllner, der sich den seltsamen Namen Helmut gegeben hat“ (Quelle). Klingt doch hoffnungsvoll 🙂
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The Postal Service – We Will Become Silhouettes (2005)
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Ein schönes Mitbringsel hatte ich im Gepäck, als ich von meiner Tour durch Alaska 2005 wieder zurück nach Deutschland kam: The Postal Service. Bis dato für mich völlig unbekannt erinnerten sie mich an die Musik, die zu der Zeit auch aus Weilheim in einer Welle über Europa schwappte und Freude, Glück, Euphorie und Wärme verbreitete. Leider gibt es nicht so viel von The Postal Service, wenn ich recht informiert bin, eine LP und nur einige wenige Single-Auskopplungen. We Will Become Silhouettes ist eine davon und es ist unmöglich zu sagen, ob das Original oder die sich hier findenden Versionen besser sind. Eine Wertung wäre in jedem Fall ungerecht, denn alle Versionen sind einfach zu schön. Postal Service schaffen es damit, etwas perfektes zu Wiederholen, ohne zu langweilen. Und ich glaub, The Postal Service sind der Beweis, dass es Musik geben kann, die jedem gefällt. Es ist schon unglaublich, welche Harmonien in manchen Menschen klingen müssen, um diese Sounds zu tüfteln.
Das dazu passende Video (im Original), um sich kurz eine Freude zu machen!
http://postalservicemusic.net/ – Webseite von The Postal Service
The Books – Lost And Safe (2005)
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Weihnachstzeit. Die Plätzchen sind gebacken und wohl schon fast von allen Tellern verzehrt… Und, waren sie lecker? Ich hoffe, doch! Wie die Plätzchen ein geschmackliches Gesamtvergnügen darstellen, die aus einer Vielzahl von Zutaten bestehen, von denen einige allein gar nicht schmecken würden, so ist die Musik von den Books zubreitet. Samples werden an- und übereinander geschichtet, Harmonien verbinden scheinbar zusammenhangsloses und Brüche überraschen die akustische Wahrnehmung, bevor es diese sich in Gefälligkeit breitmachen kann. Eine wirklich bemerkenswerte Gruppe, die nicht nur mit so vielen Sounds tüftelt und variiert, wie man es sonst von Matthew Herbert, Some More Crime oder Senor Coconut gewohnt ist. Zahllose, in die Soundstrukturen eingewobene Sprachfetzen – scheinbar entnommen aus Rundfunk- oder Filmsequenzen – führen mit sich oder dem Hörenden eigene bzw. eigenartige Dialoge. Dabei schaffen The Books trotz der ständigen Unruhe eine Wärme, wie sie mir von Lemonjelly, CocoRosie oder Notwist bekannt sind. Es ist eine unglaubliche Mixtur, die hier aufgefächert wird. „Experimental-Musik im Endstadium. Oder doch der Anfang einer neuen Sichtweise von Pop. Man hatte die Wahl“ (Quelle). Und ähnlich wie beim Essen der Kekse bleibt es jeder/m Einzelnen Überlassen, zu entscheiden, ob es schmeckt oder doch eine Brise zuviel Zimt genommen wurde… Aber probieren sollte man doch auf jeden Fall.
The Notwist – Neon Golden (2002)
„Ich habe in meinem Zimmer ein Denkmal aufgebaut. Es ist ein schwarzer, ca. einen Meter hoher Monolith aus Kohle mit quadratischem Grundriss. Darauf steht ein majestätisch anmutendes rotes Pappding. Goldenes Neonlicht strahlt davon aus. Es ist ein Denkmal für das, was mir den Tag gerettet hat. Auf neue Notwist-Platten zu warten war schon immer etwas Besonderes. Natürlich können wir Musikjournalisten so eine Vorfreude gar nicht mehr nachvollziehen, weil wir immer mit Vorab-CDs versorgt werden. Aber als ich hörte, dass die Plattenfirma diesmal nur Tapes verschickt, beschloss ich zu warten. Natürlich konnte ich nicht umhin, die erste 12-Inch “Trashing Days” zu kaufen.
Und am Video zu “Pilot” kam man ja auch nicht vorbei. Aber ich habe noch keine einzige von den Reviews in den Mitbewerberblättern gelesen, nur das, was mein Freund Säm mir geschrieben hat. Er war außer sich. Ich war gespannt. Fünf Tage vor der Veröffentlichung habe ich die CD dann doch im Briefkasten. Das erste Stück heißt “One Step Inside Doesn’t Mean You Understand”. Eine Warnung vorneweg? Das Stück ist schön. Nicht mehr, nicht weniger. Dann kommt “Pilot”. Kenne ich, finde ich eher enttäuschend. Notwist machen Popmusik. Das sollen sie nicht. Beim dritten Lied liege ich dann am Boden. Das sind die Notwist, die ich liebe, das ist, was ich erwartet, was ich erhofft hatte. Da sind die kalten Schauer wieder auf meinem Rücken, die ich von “No Encores” auf der letzten Platte “Shrink” kenne. Bei “Trashing Days” sind Notwist ein bisschen die Pet Shop Boys – dürfen sie. Ab jetzt dürfen sie alles. Auch Lieder wie “Pilot” machen. Bei “This Room” sind sie sie selbst zur Zeit des “12”-Albums. “One With The Freaks” ist das “Chemicals” dieser Platte. “Off the Rails”, oh, das kenne ich auch schon in ähnlicher Version vom Soundtrack des Films “Crazy”, ist ein Sonnenstrahl in einer verschneiten Winterlandschaft. Entschuldigt mich kurz, ich muss weinen. Das ist, was ich gedacht und gefühlt habe, als ich “Neon Golden” angehört habe. Es liegt mir fern, tiefenpsychologische Mutmaßungen niederzuschreiben, denn ich bin kein Psychologe, auch will ich keine komplizierten pan-popkulturellen Betrachtungen anstellen, die der Band möglicherweise fernliegen. Außer: Notwist haben ein profitables Angebot eines Majors abgelehnt, weil sie nicht selbst hätten entscheiden dürfen, auf welche Sampler das Label sie wirft. Sie nerven nicht durch Überpräsenz in den Medien, beschwören aber auch nicht die öde Kein-Bock-auf-Interviews-Attitüde. Sie lassen sich wie nur sehr wenige andere Bands von dem ganzen Pop-Trara nicht die Bohne beeindrucken, und sie gehen keinesfalls hausieren damit. Sie haben unmoderne Frisuren und tragen auf der Bühne graue Sweatshirts mit Reißverschluss und uralte T-Shirts von Bands, die niemand kennt. Notwist sind einfach Notwist, und deshalb sind sie furchtbar wichtig. Ich habe sehr viele Gänsefüßchen in diesem Text benutzt, aber die meisten beziehen sich auf Notwist selbst. Das ist es, was der spröde schwarze Kreis auf dem Cover bedeutet. Was Postrock bedeutet, ist mir egal, solange es solche Platten gibt.“ (http://www.intro.de/platten/kritiken/23028705/the-notwist-neon-golden)
Console – Reset The Preset (2002) (2CD)
„Spätestens seit dem Zauberer von Oz wissen wir, welch verläßliche Freunde Vogelscheuchen sein können. Und spätestens seit Notwists „Neon golden“ wissen wir auch, wieviel Pop selbst im verschraubtesten Klanggewirr stecken kann. Martin Gretschmann, Berufshornbrille und Laptop-Schlepper bei den famosen Weilheimern, zeigte schon mit seiner Lutscherhymne „14 zero zero“, welches Ohrwurmpotential in ihm und seinem Rechner steckt. Und da er mit seinen Kollegen schon letztes Jahr für einige der schönsten Momente melodischen Indietums verantwortlich war, soll nun auch Consoles drittes Album nach rosaroten Himmeln streben.
Gretschmann, der seine Keyboards mittlerweile wie eine ledernackige Flying V schultert, ist für „Reset the preset“ tatsächlich auf der Suche nach bittersüßen Melodien fündig geworden, ohne selbstverfreilich zu vergessen, sie mit dem Knistern seiner Subroutinen und Algorithmen auszuschmücken. Und natürlich in der Popwelt jenseits des Regenbogens seine eigene Dorothy ins Rampenlicht zu stellen. Miriam Osterrieder heißt sie und schenkt Console das, womit Valerie Trebeljahr bei Lali Puna für den Acher Markus herumzaubert: ihre Stimme. Leicht, zerbrechlich, feingliedrig und gelegentlich sogar nicht einmal von dieser Welt.
Und so gelingt auf „Reset“, der ersten der beiden CDs, ein Treffer nach dem anderen. Im Opener „Your God eats me“ brummelt und quietscht es, bis sich ein unwiderstehlicher Elektro-Groove herausschält. Die übereinandergeschichteten Ecken und Kanten von „Surfin‘ Atari“ entwickeln immer mehr Druck, und der kleine Bastard rockt plötzlich das ganze Haus. Mit dem fröhlichen Stampfen von „Dirt on a wire“ und sentimentalen Atempausen wie „Into the universe“ oder „Secret game“ gerät die erste Basteldreiviertelstunde schließlich zu einem wahren Schaulaufen der Pop-Tricks des Herrn Gretschmann.
All das kulminiert allerdings im phänomenalen Ohrenschmaus „Suck and run“, wo alle Zurückhaltung beiseite fliegt und die Festplatten zu lächeln beginnen. Im Hintergrund imitieren leckere Sägezähne Zerrgitarren, links und rechts zuckt ein flatteriger Rhythmus, und mittendrin näselt Mademoiselle Osterrieder die Sonnenstrahlen herbei. Mit dem womöglich angenehmsten Laufpaß aller Zeiten: „I don’t miss you tonight / That isn’t meant to piss you off one more time / It doesn’t mean you don’t mean a thing to me / But that’s the only way I’ll finally succeed / In being me.“ Wer kann da schon böse sein?“ (http://www.plattentests.de/rezi.php?show=1350)
The Notwist – Shrink (1998)
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„Elektronika nicht als Schlagwort, sondern als Baustein, digitale Begleitung, Vervollständigung und neuer Aspekt. Im Instrumental „Moron“ plötzlich ein dicker Verweis auf das grandiose TIED AND TICKLED TRIO mit opulentesten Bläsersätzen und jazzigem Abdriften – durchgängiges Big-Band-Spiel.“ (Quelle: http://www.intro.de/platten/kritiken/23023013)