Entweder werde ich älter und wandere biologisch bedingt Richtung volkstümliche Musik, Deutschrock oder ähnlich absonderliches oder es geht bergauf mit dem deutschen Musikerhandwerk. ClickClickDecker präsentieren 2014 ihr fünftes Album, das zwar vor Melancholie strotzt (falls sowas geht), aber dabei nicht in den Kitsch und das Klischee abdrifte (das geht!). Die gekonnte aber auch bescheidene Instrumentierung gepaart mit einer verkratzt gehauchten oder auch geschrienen Stimme beeindrucken wie der Donnergroll im Gewitter, der eigentlich stets auf den Blitz folgt. Nicht zuletzt sind es aber die Lyrics, die dem Hörenden die Gemeinheiten des Alltäglichen unter einem poetischen Zuckerguss verkaufen. Sätze wie „Das Leben zieht seinen Schlitten, mitten durch dein Gesicht“ oder „Wenn ich irgendwas gut kann, dann mich daran nicht erinnern“ hallen in den Ohren nach, wenn das Album längst schon wieder im Cover ist.
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Diego – Two (2008)
2008 war ein Jahr in der Joy Division Dekade, an dem sich so viel Bands abarbeiten mussten (woher kam überhaupt dieser Trend?), wozu sich wohl auch Diego zählen durften. Doch Vorsicht. Es wird nicht mal schnell eine Kopie der alten Helden produziert, vielmehr sind sie meines Erachtens kraftvoller, drücken stärker nach vorn und lassen so durchaus auch das Diskoknie nicht kalt. „Diego, die mit beiden Füßen im Wave und im Pop, im Punk und im Drama stehen, zaubern bedingungslose Tanzbrecher, die im Sekundentakt gefangen nehmen und schütteln, schütteln, schütteln. Zarte Melancholie bricht mit sehnsuchtsvoller Hoffnung, zerreißende Melodien überfallen rücklings und Hit reiht sich nahtlos an Hit.“ (http://www.plattentests.de/rezi.php?show=6231)
Wer heute Interpol, Editors oder She Wants Revenge sagt, sollte auch Diego sagen! Und dann: Let’s Dance to Joy Division
Diego bei myspace
B. Fleischmann – Melancholie/Sendestraße (2007)
„Wir sind allesamt verrückt. Nicht sporadisch, sondern immer.“
Im ICE nach Berlin, durch eine schizophrene Landschaft fahrend, die links sonnige Ausblicke bietet, während rechts der Regen seiner Bestimmung nachgeht, baut sich langsam die Musik des Albums „Melancholie/Sendestraße“ des österreichischen Soundarchitekten B. Fleischmann auf. Und sie passt wunderbar in diesen Dezembertag. „Melancholie“ wurde eigens für eine Aufführung zur Ausstellung „Melancholie – Genie und Wahnsinn in der Kunst“ 2006 in der Neuen Nationalgalerie Berlin komponiert und dort erst- und einmalig aufgeführt.
„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.“
Das ca. 50minütige Stück besticht durch die wie immer warmen elektronischen Arrangements, die Fleischmann wie kaum jemand aus dem Ärmel schüttelt. Begleitet wird die Musik von Bandoneon und Cello. Träumerisch gleitet sie dahin, bietet sich an, den Hörer warm einzupacken und dem Abgesang des Jahres nachzuhängen. Gespickt wird die Musik mit Zeilen des Berufsmelancholikers Rilke. Wäre das nicht auch eine super Filmmusik für Lars von Triers „Melancholia“ gewesen?
Die zweite CD „Sendestraße“ ist abstrakter. Fleischmann nahm eine Einladung des Kunstradios Wien an und setzt sich hier mit Klaviermusik von Franz Schubert auseinander, die sich von einem verspielten elektronischen Geklicker bis zur Wall of Sound aufbauen. Auch dieses Werk wurde nur einmal Live aufgeführt.
„Ich bin jetzt schon so müde.“
Wikipedia über B. Fleischmann