Schlagwort-Archive: Liedermacher

Dota – Die Freiheit (2018)

Bildquelle: https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/71%2BjFOpBUOL.SL1200.jpg

Da ist es wieder, das mehrfach freudige Unbehagen, dass mich bei Dota Kehrs Alben durchfährt. Eins davon rührt daher, dass ich mich frage, ob ich nun so alt bin, dass ich in die Liedermacherecke hineingewachsen bin oder ob die Liedermacher nicht doch an Vielfalt und Qualität gewonnen haben und ich sie deshalb mag. Vielleicht liegt da Wahrheit irgendwo dazwischen.

Das andere Unbehagen hingegen liefert mir Dota & Band mit ihren Songs, die nochmals pointiert und detailliert vor Augen führen, was ich nicht unbedingt sehen will oder nicht mehr sehen kann. Die Dinge des Lebens, die den Wahnsinn hier und da und dort ausmachen und oft bei mir ein hilfloses Kopfschütteln auslösen, da ich oft nicht weiß, was ich tun kann, damit es doch bitteschön irgendwie besser wird. Glücklicherweise ist das nur eine Seite von Dotas Musik. Sie schafft es, auch die schönen Seiten des Lebens zu besingen und macht damit Mut und Lust auf das Leben. Und noch ein Glücklicherweise hinterher: Oft (Immer?) liefert auch Sie keinen Ausweg, keine Besserwisserei, keine Rezepte. Und deshalb ist bislang jedes Album von ihr ein freudiges Unbehagen.

Mag ich deshalb insbesondere auch den Song „Zwei im Bus“ auf dem Album, nachdem der Raketenstart zumindest im D-Radio fast schon zum Lieblingslied der Redaktion(en) avancierte. Und passend zum Song „Zwei im Bus“ mein Bild. Ein Foto von den („guten alten“) Malta-Bussen, die gehegt, gepflegt, geschmückt und geliebt wurden. Hachja, früher…

Lars Kilian: Zwei im Bus (CC BY SA 3.0 DE)

Und ein Sorry auf dem Weg: Auch wenn Dota als allgemein in den Pop verortet wird, sortiere ich sie bei den Liedermachern ein. Harte Kriterien dafür hab ich nicht – es ist ein Gefühl. Und Gefühl gewinnt, wie Olaf Schubert bestätigen wird!

Dota & Die Stadtpiraten – Blech und Plastik (2005)

Blech und Plastik war das erste Album, das ich von Dota Kehr eroberte, wenngleich der >Hit< „Öffentlicher Nahverkehr“ hier gar nicht drauf war. Aber nach dem Song begann mich die Musik der Kleingeldprinzessin Dota zu interessieren, so das ich dann über dieses Album stolperte und mich festhörte. Tolle Songs, mit sehr guter Lyrik, Hintergründig ohne pädagogischen Zeigefinger. Dazu keine überkomplexen sondern gut gewählte und gespielte musikalische Arrangements. Das soll nicht heißen, dass musikalisch wenig zu erwarten wäre: Instrumente wie Banjo, Säge, Trombone, Trompete, Waschbrett oder Ukulele bereichern das übliche Repertoire an Instrumenten. Würde für mich irgendwie zu einem modernen Folkfest in Rudolstadt passen, Samstagabend im Heine-Park…
Auch dieses vierte Album erscheint konsequent auf dem hauseigenen Kleingeldprinzessin-Records, sicher mit dem zunehmend „selbstverschuldetem“ Erfolg von Dota und den Stadtpiraten ein gutes und für diese Gruppe passendes Geschäftsmodell.

Webseite von Dota: http://www.kleingeldprinzessin.de/

Dota – Wo Soll Ich Dich Suchen? (2013)

Reinhören
Ich denke nicht, dass das die Zeit ist, in der man vom Hören von „Rockmusik“ zur „Volksmusik“ wandelt? Aber gefühlt zunehmend mehr deutschsprachige Bands machen mir Spaß und Lust auf Mehr. So auch Dota, die mit ihrem Album „Wo soll ich suchen?“ konsequent und treu ihren Weg verfolgt und die Hörer durch wohlige Melodien und be-merkenswerte Texte schnell in ihren Bann zieht. „Eingepackt in dezente, zumeist akustische Klänge redet und singt Dota über die Lust, den Frust, die Liebe und das Leben. Fernab vom überproduzierten Deutschpop-Standard, hat Dota längst ihre eigene Nische gefunden. Dort geben sich gezupfte Gitarren, Blechbläser, Quetschkommoden und gebürstete Kartons die Klinke in die Hand, während sich Dota wahlweise säuselnd oder gefestigt mit Momenten der Überwindung („Warten Auf Wind„), heißen Juli-Tagen („Sommer„), erdrückenden Vergleichen („Du Musst Dich Nicht Messen“) oder hypnotisierenden Naturschauspielen („Zwei Falter„, „Licht„) beschäftigt.“ (Quelle).

Mit ihren Liedern definiert sie das Genre der Liedermacher neu, befreit es von Staub sowie erhobenen, sozialkritischen Zeigefinger und macht es zugleich zugänglicher, ohne die Qualitäten zu stören. Wohl schon so manches Majorlabel wollte sie unter Vertrag nehmen, aber auch hier bleibt Dota beim Eigenverlag und ihrer Freiheit. Eine Empfehlung all denen, die Musik zuhören wollen.

Blockflöte Des Todes – Ich Habe Heute Ananas Gegessen (2012)

Reinhören
Allein schon der Name ist es zugegebenermaßen wert, dass man sich eine CD von der Blockflöte in das CD-Regal stellt. Denn immer, wenn der Finger daran vorbei gleitet, ist doch zumindest ein Lächeln angesagt. So solls doch sein, oder? Und wenn die CD eingelegt wird, geht es weiter. Bissig, ironisch, zynisch, hoffnungslos, pragmatisch, politisch unkorrekt, böse und deutlich & klar. Lebensweisheiten für viele Lebenslagen. Matthias Schrei beobachtet seine Welt und stellt dem geneigten Hörer seine ernüchternden Ergebnisse vor.

Die Blockflöte singt von den Dingen, die sie beschäftigen. So geht es um die Frage der Möglichkeiten des Ablebens von Rockstars und zählt zahlreiche Arten aus der bisherigen Rockpraxis von Curt Cobain bis zum Sänger von INXS auf (Club Siebenundzwanzig), der Suche nach dem Unbekannten oder dem nächsten Abenteuer, wozu aber gehört, nie die FDP gewählt zu haben, einem Antrag an die Jugendfreundin Cathrin als der „letzten“ Wahl und Chance auf dem Heiratsmarkt, der Sch***welt („Du blöder blauer Ball im All. Du bist nicht mein Fall.“), der Diskrepanz von Familienplanung und persönlicher Freiheit („Es gibt keinen guten Reim auf Eigenheim“)… Mehr soll nicht verraten werden.

Matthias Schrei geriert sich als schwer fassbarer Springkastenteufel. Für einen Comedian neudeutscher Prägung zu intellektuell, für den beinharten Indierocker zu poppig, für einen Mainstream-Abfischer zu gewitzt (…) ‚Ich Habe Heute Ananas Gegessen‘ ist eines jener Alben, das man entweder wütend in die Tonne tritt oder liebevoll mit dem CD-Wischtuch umsorgt. Gut, auf voller Albenlänge geht der Blockflöte schon mal hie und da die kreative Luft aus, doch aus dem letzten Loch pfeift sie nie“ (Artur Schulz, Quelle).

PeterLicht – Das Ende der Beschwerde (2011)

Reinhören
Das ist es also, das Ende der Beschwerde. Sie hilft auch wenig, da sie nichts ändert. Und so kann man, PeterLicht folgend, zwischen den Polen entscheiden: „Du, du, du, du und dein Leben, ihr beide müsst dein Leben ändern“ oder „Schaffen wir uns ab“. Und es ist egal, Hauptsache, wir machen was. Wie so oft schafft es PeterLicht, einen textlichen Kosmos zu bilden, in dem man sich philosophisch tief versinken kann oder einfach bei einer Fahrt im Cabrio vor sich hinsummen kann. Dabei wirkt das Ende der Beschwerde durchaus experimenteller und zugleich gesetzter. Wirken die Spoken-Words-Stücke sehr sperrig, sind viele andere fast schon klassisch instrumentiert und machen einen auf Liedermacher. Und auch textlich geht die Reise und hebt in Metaebenen ab, die bereits bei den Liedern vom Ende des Kapitalismus und der Melancholie und Gesellschaft auszumachen waren.
Insgesamt aber ein angenehm einnehmendes Album. Und irgendwie anders. Und somit wie immer: ein echter PeterLicht 🙂 Anhören! Hinhören!

„Das Internet ist schon scheiße“ – Interview der Süddeutschen Zeitung mit PeterLicht