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Yello – The Eye (2003)

Bildquelle: https://img.discogs.com/y1KY-Jq-NcAuXlHYDS7qKFhH1ec=/fit-in/600×539/filters:strip_icc():format(jpeg):mode_rgb():quality(90)/discogs-images/R-210616-1178713318.jpeg.jpg

Sie können es noch immer. Dieter Meier und Boris Blank, angekommen im 21 Jahrhundert, zeigen wie elektronische Musik abseits des Mainstream klingen kann, ohne abzuheben oder die Gehörgänge mit Abwegigen zu strapazieren. Dancefloor-Rhythmen, Salsa, Bombast, BigBeat von Boris Blank und die seit 25 Jahren typische Bassstimme von Dieter Meier zeichnen das Album aus. Dazu eine gehörige Portion Spaß an Musik, am Erkunden und Entdecken, am Spiel und jede Menge Ironie und Coolness. Es ist ein Schritt zurück zu den Wurzeln von Yello, ohne ein Rückschritt zu sein. Um dem gerecht zu werden, haben sich die Schweizer dieses Mal die Vocalistin Jade Davis ins Studio geladen, die durchaus einen angenehm frischen aber warmen Wind über das Album fegen lässt. Fein fein. Frage: Lieferten Yello schonmal einen Soundtrack für einen James Bond Film? Falls nein, warum eigentlich nicht?

Zu diesem Album assoziierte ich ein Bild, welches ich auf Ferropolis, der Stadt aus Eisen aufgenommen hab. Es zog mich die letzten 15 Jahre dort immer wieder zum MELT! Festival. Die atemberaubende Kulisse inmitten der gigantischen Braunkohlebagger, die viele Musik, die feierfreundlichen Menschen. Das, so dachte ich, passt doch irgendwie zum Song „Planet Dada“ des Albums – wobei der Song aus den allgemeinen Kanon irgendwie ausbricht – wenngleich er so typisch für Yello ist. Das Bild selbst entstand nicht während des Festivals, sondern zu einer extra Visite das Geländes jenseits des wilden Treibens….

Little Planet MELT
(C) Lars Kilian „Planet Dada“

Drome – The Final Corporate Colonization Of The Unconscious (1993)

Wow. 23 Jahre alte Scheibe. Und gefühlt nicht veraltet! Mit Drome dekliniert Burnt Friedmann die Spielarten des Downtempo auf  durch und geht dabei natürlich seine eigenen Wege. Damit verbunden: 2 Effekte. 1. Es klingt wieder sehr eigen, sehr durchdacht und handwerklich ausgezeichnet. 2. Es ist, wie die meisten Sachen von Friedmann, deutlich unterschätzt und auch unbekannt geblieben. Elektronische Kombinationen von Dub, Reggae, Hip-Hop, House und Jazz, Musique Concrète und Technoversatzstücken. Schöne Titel wie „Hinterland, Kassler Kessel“ „Hoax! What did you got?“ oder „Nuzzling“ machen schon neugierig, was da wohl zusammenkombiniert wurde und die Stimmensamples, die ich schon bei Some More Crime verehre, werden auch hier atmosphärisch, fast beiläufig eingesetzt und bieten eine gute Schanze, eigene Geschichten aus den losen Sätzen zu ersinnen. 

Ich sollte mal schauen, was Burnt Friedmann aktuell so treibt (leider ist Jaki Liebezeit, mit dem er manch gutes Album erspielte, ja jüngst verstorben 🙁 )

 

 

James Blake – James Blake (2011)

Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/b/b5/James_Blake_Cover.jpg

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Es ist schon erstaunlich, welches kreative Potential in manchen jungen Musikern schlummert. Und für mich noch erstaunlicher, dass sie den Mut haben, dieses auch auszuleben und sich nicht dem Mainstream anzupassen. The XX fallen mir aus der jüngeren Geschichte ein oder auch Sigur Rós. James Blake reiht sich für mich in diese Gruppe ein. Sein Erstlings- und Erfolgsalbum von 2011, er gerade so um die 22 Jahre alt, ist voll von eigentlich irritierenden Soundtüfteleien. Ein Verschnitt aus Dub und Elektro, viel Hall und sanft aber deutlich wabernder Bass, Melodien, die aufgrund ihrer Einfachheit schon fast wieder in Einzeltöne zerfallen. Darüber gern Störungen, Rauschen, Zurren… Und Texte, die mit wenigen Zeilen auskommen und durch die Variationen selbst zum Instrument werden, gerade wenn auf jedes Instrument verzichtet wird und sich der Gesang selbst genügt. Dazwischen viel Luft…

Dennoch, nein gerade deshalb, greift dieses Album. Es klingt vieles vertraut, aber aufgrund des Arrangements der einzelnen Sounds wird es neu – und damit in Summe auch sehr interessant. Trendsetter kann halt nur werden, wer die Pfade verlässt, ohne dabei ins Abseits zu wandern. Und die Musikästhetik von James Blake zeigt, dass weniger deutlich mehr ist.

Offizielle Webseite von James Blake: http://jamesblakemusic.com/

Grimes – Visions (2012)

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Das Cover schreckt potentielle Hörer schonmal ab. Oder erzeugt es doch eher Aufmerksamkeit? Meine erste Assoziation war: ein Japan-Reimport 🙂 Crimes schafft es, mit ihrem dritten Album Grenzen aufzuheben und Gegensätze zu verschmelzen. Ein Gengreclash, den die Leute bei plattentest.de als „Electro-Album für Urban-Outfitters-Mädchen“ bezeichnen. Zentral ist ein schwebender Elektro-Pop, der von fast schon elfenhaften Gesängen Cocteau Twins & Co.  ummantelt wird. Passt auch irgendwie zum Plattenlabel 4AD. Damit wird es gleichsam unspektakulär oder auch scheinbar beliebig. Aber man sollte Grimes die Aufmerksamkeit widmen, die sie verdient. Dann offenbart sich das feine Geflecht der Sounds, die dieses Album auszeichnen. Für diejenigen, die keine Zeit und Ruhe dafür finden,  bleibt noch das cover als Tatoo-Vorlage 🙂

Offizielle Webseite von Grimes


Psapp – Tiger, My Friend (2004)

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Quietschentchen und Fahradklingeln oder andere Dinge unserer Umwelt als Instrumente einzusetzen, ist nicht neu. Aber nicht jedem gelingt es, aus diesen Versatzstücken kleine Geschichten zu stricken. Psapp gelingt das ausgezeichnet. Mit einem akribischen Spieltrieb konstruieren sie mit diesem Erstlingswerk Hörwelten, die viel Platz zum Entdecken und interpretieren geben. Ein Gengre ist ihnen genauso fremd wie die Abgrenzung irgendwelcher musikalischen Mittel. Eine zauberhafte Märchenwelt, die sie hier präsentieren. Freunde von CocoRosie dürften sich freuen…

Apparat – Silizium EP (2005)

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Apparat schwimmt ja gerade gut auf den Wellen der Zeit mit und ist ein gefragter Mann. Zusammen mit Modeselektor kam jüngst das zweite Moderat Album heraus und es gab auch ein weiteres Album (Krieg und Frieden/Theatermusik). Die hier vorliegende Silizium-EP ist eins seiner zarten Werke, in denen er zeigt, wieviel analoge Wärme im Digitalen liegen kann. Durch den Einsatz entsprechender Instrumente zaubert er eine verträumte Melancholie, wie es sonst nur wenige können (Notwist, B. Fleischmann…). Die EP beinhaltet neben den Apparat-Tracks noch einige Remixe von Telefon Tel Aviv, Rechenzentrum und Bus, die  behutsame Variationen der fragilen Originale  darstellen.

Infos zu Apparat auf Wikipedia

Christian Kleine – Beyond Repair (2001)

„Nach einer offensichtlich aufregenden Zeit rund um die Welt des Duos Herrmann & Kleine widmet sich Christian Kleine, zurück in Berlin, seinen eigenen kleinen Popdingern, die es bisher nur auf Singles und Compilation-Beiträgen zu hören gab. Kleines Debüt ist dabei zweifellos sehr, sehr schön geworden. Bereits der erste Track „Guitar Interrupt“ öffnet das Tor in Kleines Downtempo-Land abdriftender Sounds mit Dubverdächtigkeit. Wenn Jean-Michel Jarre jemals bescheiden, beatsinteressierter und innovativ gewesen wäre, er hätte diese acht Songs auch nicht besser hinbekommen. Vielleicht ist Kleine ja auch eigentlich Jarre, der einfach noch mal ganz neu anfangen, sich der alten Bombastpeinlichkeit entledigen und der endlich mal richtig tolle Stücke aufnehmen will, Stücke, die berühren.

Blödes Wort, aber yes, Kleines Instrumental-Musik packt einen, zieht einen rein in eine Emotionsblase namens „Beyond Repair“. Postpostmoderne, traumhafte Sounds für Turnschuhgazer.“ (http://www.intro.de/platten/kritiken/23028428)

 

Shank – Do (2004)

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2003 haben sechs ambitionierte Improvisationsmusiker aus Berlin ihre Instrumente (Drums, Bass, Gitarre, Percussion, Trompete, Sampler und FX Prozessor) ins Studio getragen und das getan, was sie live sowieso schon sehr gut können: Musik. Burnt Friedman nahm die Session auf und hat sie am Computer CD und Wohnzimmertauglich aufbereitet. Herausgekommen ist ein Album, welches zu Recht bei Nonplace ein Label gefunden hat. Warme Töne, die rhythmisch vor sich hinmändern und eine deutliche Handschrift von Burnt Friedman tragen, ohne sich selbst zu verraten. Wieder ein schönes Beispiel, dass Elektronik und „hand-made“ Musik wunderbar zusammenpassen. Future Jazz vom Feinsten, Improvisation mit Ziel und ohne das Gefühl, dass hier belanglos jeder sein Instrument spielt, wie mir das hin und wieder in dem Genre aufkommt. Geeignet für das Abschalten nach Feierabend, ebenso für die gemütliche Cocktailparty im Freien…

Doctor Rockit – Indoor Fireworks (2000, re-issue 2007)

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Matthew Herbert, hier mit seinem AlterEgo Doctor Rockit, hat wieder eine Zündschnur gelegt. Jedoch statt der üblichen Housekracher oder mit seiner Big Band feuert er viele kleine Tischfeuerwerke ab, die voller Überraschungen sind. Wie schon beim ersten Werk „The Music Of Sound“  finden sich hier Skizzen und Collagen, die in Sounds ausgearbeitet werden und das Alltägliche transformiert aus den Boxen regnen lassen. Intro beschreibt es als eine moderne Form der „Musique Concrète: Kurzgeschnittene Knatter-, Knister- und Klacker-Samples, die aus allen nur denkbaren Quellen in Matthews Mikro gelangten (etwa der Klang von Ampeln in Sydney), treffen auf u. a. ein Akkordeon, ein 30köpfiges Orchester oder funkende Akustikgitarren sowie gebrochene, stolpernde Beats. Das Ergebnis: Musik, an der man sich reiben muß, um sie genießen zu können. Verspielt, vertrackt, verschroben und auf eine ganz bestimmte Art jazzy.“ (http://www.intro.de/platten/kritiken/23026240/dr-rockit-indoor-fireworks) Jedoch will auch hier Herbert wieder seine Message unter die Hörer bringen: Es geht wieder um Politik, Information und Kritik. Hier und da kann man dem Gesang von Dani Siciliano lauschen. Und was sagt Herbert dazu? „Während Herbert songorientierter House ist und Radioboy in Richtung Techno geht, mache ich als Doctor Rockit eher experimentelle Sachen. Wobei ich nicht glaube, dass sich Komplexität und Schönheit ausschliessen müssen“

Mehr Infos unter: http://de-bug.de/mag/1357.html

Wikipedia zu Matthew Herbert

 

 

Orbital – Snivilisation (1994)

Hörprobe
„Snivilisation is one of Orbital’s most accomplished works. Partially consisting of experimental loop-oriented progressions and clamorous noise fills, other dominant tracks also purvey elements of drifting „technotic“ bliss. The appearance of guest vocalist Allison Goldfrapp, who sang on Tricky’s Maxinquaye album, adds to the appeal of two tracks. As audiences succumbed to the electronic symbiosis generated by Orbital’s mystique, the group’s political outlook became realized on bold tracks like „Are We Here.“ The track rallied rave culture as it scorned austere governmental policies which descended upon England’s electronic masses. Combined with traces of Eastern-oriented influence, the album further heralds Orbital’s outward affiliations applied within their technology-driven platforms. (Lucas Hilbert)“ (http://www.amazon.com/Snivilisation-ORBITAL/dp/B00004T6V0)

Wikipediaeintrag zu Orbital