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Senior Coconut – Fiesta Songs (2003)

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Februar 2021. Da war doch was… Richtig. Eigentlich der Monat des Karnevals. Und seitdem meine Dienstheimat Bonn ist, weiß ich die jecken Tage auch wahrzunehmen (am Würdigen arbeite ich noch). Dieses Jahr ist aber alles anders. Offizieller Ausfall von Karneval im Rheinland. Sicher, eine mittelschwere Katastrophe, gäbe es da nicht Medizin, wie die Fiesta Songs von Senor Coconut.

Nach seinem Überraschungsalbm „El Baile Aleman“ holt Uwe Schmidt hier zum zweiten Wurf aus. Die Gefahr, sich nach dem Erstling zu verheben, war groß. Zumal sich Schmidt als Senor Coconut nun auch an die Klassiker der Musikgeschichte wagt. Von Sade über Michael Jackson, The Doors bis Deep Purple – nichts ist heilg bzw. alles wird geheiligt.

Mit wilden ChaChaCha Rhythmen, gekonntem Merengue und groovigem Mambo spielt sich Senor Coconut mit seinem Orchester durch die Hits vergangener Tage. Man könnte meinen, ohne Rücksicht auf Verluste. Doch von den Originalen bleibt überraschend viel zurück, was Erkennungspotenzial hat und gleichzeitig bekommen sie einen komplett neuen Anstrich, dass es eine Freude ist. Und wenn dann Jean-Michel Jarres „Oxygene“ über die Boxen feiert, sollte auch der letzte Kritiker die Hüfte schwingen.

Also: Let’s Fiesta. Das Leben ist schön.

Und auch um ein Bild bin ich nicht verlegen. Die Qualle finde ich passend. Sie ist stets in Bewegung, fluide und immer anders. Trotzdem erkennen wir sie wieder: wie die Fiesta Songs. Und im Wasser können sie durchaus was rauchiges haben. Voila: Schon ist die Brücke zu „Smoke On The Water“ konstruiert 🙂 Klasse übrigens, dass „Smoke On The Water“ sowohl als englisch als auch spanisch gesungene Version vertreten ist.

Lars Kilian: Smoke On The Water
Lars Kilian: Smoke On The Water

Kraftwerk – The Mix (1991)


Reinhören
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: 25 Jahre hat „The Mix“ von Kraftwerk mittlerweile auf dem Buckel! Und tatsächlich ist es einer der CDs, die eventuell altersbedingt nicht mehr fehlerfrei in meinem CD Plyer laufen. D.h. zugleich auch, dass die Lieder von The Mix grundsätzlich noch älter sind, da sie in Gänze bereits auf vorherigen Alben zu finden waren. Witzig ist, dass es eine deutsch- und eine englischsprachige CD gibt, wobei bei der Textmenge sicher kein größerer Übersetzungsaufwand betrieben werden musste und man vielleicht sogar erwarten hätte können, dass sich die globalen Kraftwerkfreunde die wenigen Worte in ihre eigenen Sprache übersetzen 🙂 Aber für den internationalen Durchbruch, den Kraftwerk schon einige Jahre vorher feiern konnten, war das vielleicht ein richtiger Weg und irgendwie auch für die Band konsequent.

Insgesamt ist The Mix im Sound fetter, und wenn man das sagen darf, digitaler geworden, als die Vorgänger, was wohl auch daran lag, dass sich Kraftwerk von den selbstgebauten (!) Computern im Kling-Klang-Studio lösten und neue Technik einsetzten. Und auch eine Textzeile fiel der Überarbeitung zum Opfer. Aber das sollte der geneigte Hörer selbst rausfinden.

Fazit: Die CD macht auch heute noch Spaß und wirkt nicht staubig. Nur gut, dass es die Möglichkeiten der Digitalisierung gibt, die Kraftwerk selbst musikalisch ausloten. Denn so kann ich meine alte CD, die gern springt, 1:1 kopieren und mich vielleicht auch noch in weiteren 25 Jahren daran erfreuen. Übrigens empfehle ich allen Fans, sich die Übersetzung der Kraftwerksongs in Cha-Cha-Cha, Rhumba oder Merengue Rhythmen von Senior Coconut mal anzuhören 😉

Señor Coconut Y Su Conjunto – El Baile Aleman (2000)

Reinhören
Endlich dreht sich auch dieses Album wieder auf dem Platten-/CD-Teller bei mir zu Hause. Meine Friseurin erinnerte mich daran, als wir über Musik sprachen und sie mich fragte, ob ich diese Kraftwerk-Songs im Cha-Cha-Cha-Rhythmus kennen würde… Na klar, Senior Coconut, das Alter Ego des in Chile lebenen Uwe Schmidt, der auch unter anderen Namen in der elektronischen Musik mitmischt.
Und mit Senor Coconut hat er einen Hype ausgelöst, der seinerzeit beachtlich war, wagte er es doch, mit diesem Album die unterkühlte, klare, berechnete und (scheinbar) emotionsfreie Musik von Kraftwerk in lateinamerikanische Rhythmen und Töne zu übertragen. Dabei mimt er als Senor Coconut den liebenswerten und etwas hilflosen Chilenen, der dem Englischen nicht besonders mächtig ist und nur versucht, sein Publikum zum Tanzen bringen zu wollen. Aber wenn er los legt, kommen die genauso perfekten Sounds, die einst Kraftwerk bekannt gemacht haben, aus den Boxen. Nur eben auf Cha-Cha-Cha, Rumba und Merengue. Inklusive der vielen kleinen Störungen, die wahrscheinlich nur die Kraftwerk-Kenner hören werden. Süß ist schon, dass eigene Adaptionen mit drin sind. Und so startet z.B. beim Song „Autobahn“ nicht ein überzüchteter Motor startend das Lied, sondern eine hörbar „alte Kiste“ will partout nicht loslaufen (mit dem Ergebnis, dass der vermeintliche Autofahrer schimpfend die Tür des Vehikels zuwirft und schimpfend geht). Und so passt das in unsere chilenische (Klischee)Welt. Es macht einfach nur Spaß! Und wie hieß es zu Recht in einem Magazin, als das Album rauskam (ich habe leider keine Quellenangabe mehr): „Die einzig konsequente Fortführung des Sounds von Kraftwerk.“


Senor Coocnut – Tour de France – MyVideo

Zum Vergleich: Das Original

Kraftwerk – Tour de France Soundtracks (2003)

„Mit Verlaub – Was ist dass denn? Schlichtweg eines der besten Alben, die Kraftwerk meines Erachtens veröffentlichten. Einfach so, ganz nebenbei, ohne großen Hokus-Pokus. Statt 2003 an dem Versuch zu Scheitern, elektronische Musik wieder mal neu erfinden zu müssen, wagen sich die vier Heroen daran, ihre eigentlichen Qualitäten aufzupolieren. Getreu dem Motto, weniger ist mehr, liefern sie das, was sie von jeher auszeichnete – nur in Perfektion. Dass dabei zugleich ein Soundtrack für die Tour De France entstand, ist irritierend erstaunlich. Oder erstaunlich irritierend? Wasauchimmer. Jedem Hobby- und Profiradler sei dieser Soundtrack wärmstens empfohlen, denn mit ihm lassen sich viele Kilometer auf dem Asphalt schrubben (für Mountain-Biker empfehle ich dieses Album eher nicht). Monoton vorwärts gestrampelt, den Blick auf die Linie zwischen Himmel und Straße, das elektrolythaltige Getränk in Reichweite und 6 bar auf den Reifen… Eigentlich eine konsequente Fortsetzung des Megatitels „Autobahn“, der da schon über zwei Dekaden alt ist.

Für alle Freunde minimaler Sounds und eingedampfter Texte vielleicht ein must have Album. Für alle, die mit dem Boing Bumm Tschak von Kraftwerk bislang nichts anfangen konnten, wird sich auch mit diesem Album wohl nichts ändern. 

„Es wird immer weitergehen, Musik als Träger von Ideen“

Mein Hörtipp:

Und eine eigenes Bild, dass ich bei beim Hören des Albums geschossen hab

Tour De France (Electro Kardiogramm)