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Mythen und wissenschaftliche Befunde zur Auswirkung der Internetnutzung

Markus Appel und Constanze Schreiner habe sich der Aufgabe unterzogen, aktuell kursierende Mythen zur Internetnutzung genauer zu untersuchen. Dafür wurden den Mythen (Stichwort „Digitale Demenz“) mit entsprechenden empirischen Befunden verglichen, die die Autoren zu den Themen finden konnten. Nicht alle Mythen konnten in der Studie be- bzw. widerlegt werden (z.B. ob Navigationshilfen der räumlichen Orientierung abträglich sind), da hierzu keine Forschungen vorliegen.

Auf Basis von Meta-Analysen vorliegender Studien konnten die Autoren u.a. folgende Mythen widerlegen bzw. helfen, diese differenzierter zu betrachten:

  • Mythos Internet und die Reduzierung sozialer Interaktion: Es gibt keinen sicheren Beleg für diesen Zusammenhang. Im Durchschnitt über die vorgestellten Studien scheint nur ein kleiner negativer Effekt vorzuliegen. Längsschnittliche Studien revidieren selbst diesen und finden eher positive Zusammenhänge zwischen Internetnutzung und sozialer Interaktion.
  • Mythos Internet und die Verringerung gesellschaftlicher Partizipation: Die Studien liefern keine Hinweise auf diesen Zusammenhang. Eher gegenteiliges ist zu berichten, wonach Internetnutzung eher mit mehr Engagement einher geht.
  • Mythos Einsamkeit durch Internetnutzung: Auch dieser Mythos lässt sich empirisch nicht halten.
  • Mythos Weniger Wohlbefinden durch Internetnutzung: Die Autoren der Metaanalyse finden hier sehr kleine Zusammenhänge, wobei die Internetnutzung bzgl. der vorliegenden Studien nur wenig Erklärungskraft hinsichtlich des Wohlbefindens liefert.
  • Mythos Bildschirmmedien und Fettleibigkeit: Der Zusammenhang scheint für die Fernsehnutzung Gültigkeit zu haben, für die Nutzung digitaler Medien gibt es jedoch nur einen kleinen Effekt. Nur 1% der Varianz von Übergewicht lässt sich durch TV oder Computerspiele erklären
  • Mythos Negative oder keine Effekte von Computer-unterstütztem Unterricht: Die Untersuchungen zeigen einen positiven Effekt beim Einsatz von blended-learning-Szenarien für Lehr-Lern-Arrangements, die einen positiven Lernerfolg bescheiden. Vielmehr kommt es auf die Art der didaktischen Gestaltung an, die den Lernerfolg mitbestimmt.
  • Mythos Wirkungslosigkeit von computerbasierten Lernspielen: Die Untersuchungen zeigen eher das Gegenteil, wonach mit Computerspielen angereicherte Lehre dem traditionellen Unterricht überlegen ist
  • Mythos Computernutzung und verringerte schriftsprachliche Kompetenzen: Auch dieser Mythos kann als solcher entlarvt werden. Textproduktion am PC zieht keine Minderung der Textqualität nach sich.
  • Mythos Aggressives Erleben und Verhalten durch gewalthaltige Computerspiele: Der Klassiker der Mythen, wie ich finde. Die Autoren finden tatsächlich auch einen kleinen Zusammenhang zwischen gewalthaltigen Videospielen und aggressivem Erleben, jedoch muss bei diesen der Kontext der untersuchten Probanden (weitere Einflussfaktoren) berücksichtigt werden. Pauschale Kausalzusammenhänge sind etwas voreilig.

Die Ergebnisse werden in der Psychologischen Rundschau veröffentlicht und sind auch über das Internet verfügbar.

Hirntraining mit Super Mario

Bildquelle: http://www.berliner-zeitung.de/image/view/24835540,22648148,highRes,71-61131839%253A+Wer+h%25C3%25A4tte+das+%252830.10.2013_17%253A45%253A25%253A277%2529.jpg

Computerspiele sind in den letzten Jahren ein sehr umstrittenes Thema gewesen und kamen regelmäßig vor allem bei Negativereignissen in die Schlagzeilen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité haben nun herausgefunden, dass sich mit Computerspielen durchaus Hirnregionen trainieren lassen. In einer Untersuchung durften Erwachsene zwei Monate lang 30 Minuten täglich Super Mario spielen – eine Vergleichsgruppe durfte das nicht. Mittels MRT wurde dabei die Hirnstruktur vermessen. Im Vergleich zur Gruppe der Nicht-Spieler zeigte sich“bei den Videospielprobanden eine Vergrößerung einiger Bereiche der grauen Substanz, in der sich die Zellkörper der Nervenzellen des Gehirns befinden. Die Vergrößerung umfasste den rechten Hippokampus, den präfrontalen Kortex und Teile des Kleinhirns. Diese Hirnareale sind unter anderem für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, strategisches Denken sowie für die Feinmotorik der Hände von zentraler Bedeutung. Interessanterweise waren diese Veränderungen umso ausgeprägter, je mehr Spaß die Probanden beim Spielen hatten.“ (http://www.mpib-berlin.mpg.de/de/presse/2013/10/warum-videospielen-gut-fuers-gehirn-sein-kann) Somit konnte erstmals ein Zusammenhang zwischen Spiel und  Hirnveränderung nachgewiesen werden, was zugleich bedeutet, dass sich passende Spiele die Hirnregionen gezielt trainieren lassen. Auf zum nächsten Spielzeugladen! Bleibt noch die Frage, welches Spiel sollte ich mir holen sollte?

Internetsuche regt Hirnfunktion an

Suchmaschinennutzung könnte altersbedingten Gehirnerkrankungen entgegenwirken

Die Nutzung des Internets regt die Hirnfunktionen stärker an als die Lektüre eines Buches. Das haben Forscher in Kalifornien herausgefunden. Gerade bei älteren Menschen könnte dies Demenzerkrankungen entgegenwirken…

Die Studie wurde an einer Gruppe von 24 gesunden Menschen im Alter zwischen 55 und 76 Jahren durchgeführt. Nur eine Hälfte der Gruppe hatte Erfahrungen mit Suchmaschinen. Alle Probanden mussten Suchaufträge und Leseaufgaben in Büchern abarbeiten, während eine funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) die aktivierten Strukturen ihres Gehirns abbildete. Die suchmaschinenerfahrenen Versuchspersonen zeigten eine erheblich höhere Hirnaktivität in den für komplexes Denken und Entscheidungsfindung zuständigen Bereichen. „Unser erstaunlichstes Ergebnis war, dass Internetsuche mehr neuronale Schaltkreise aktiviert als das Lesen eines Buches, jedoch nur bei Menschen mit Interneterfahrung“, so Small, dessen Studie im American Journal of Geriatric Psychiatry erscheint.“ (mehr…)