Schlagwort-Archive: Hip Hop

The Roots – How I Get Over (2010)

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Die Nominierung als bestes Rap-Album bei den Grammy Awards 2011 überrascht – oder auch nicht. Denn The Roots lieferten mit How I Get Over ein sehr ruhig-warmes Album ab, das einen spannenden Stilmix von Hip-Hop mit Elementen des Jazz & Soul, aber auch Gospel und Indie Pop verschmilzt. Durch diesen Mix entsteht ein atmosphärisch dichtes Album, was durch den teilweise fließenden Übergang (oder ist der nur gefühlt fließend?) zwischen den einzelnen Titeln unterstrichen wird. Auch der Fakt, dass auf fast alle elektronischen Hilfsmittel bei der Aufnahme verzichtet wurden, ist hörbar. Trotz der Einordnung in den Rap wird ausgesprochen viel gesungen, insbesondere bei den Refrains.

Insgesamt kommen The Roots damit bei ihren eigenen Wurzeln an, die sie Mitte der 90er Jahre in den musikalischen Boden streckten. Mit ruhigem Puls werden die Gedanken in Worte gefasst, die Musik begleitet und treibt nicht und bietet so den nötigen Rahmen und Raum, das Musik und die damit verbunden Statements wirken zu lassen.

Als ich das auf eine ganz skurrile Weise verdrehte Kruzifix in Istanbul sah, welches als Plastik zu bewundern war, dachte ich nicht an das hier vorgestellte Album. Als ich jedoch den Titel „Dear God 2.0“ bewusst hörte, fiel mir dieses Kreuz wieder ein. In der Welt seiend, dennoch unwirklich, optisch verschwommen auf mich wirkend trotz klarer Konturen. Dies sind einige Assoziationen, die ich mit dem Titel hatte. Daher das Bild zum Album…

Jesus am Kreuz
C) Lars Kilian: Dear God 2.0

Funkstörung – Additional Productions (1999)

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Leute Leute, wo ist die Zeit? Und eine noch größere Frage: Wie weit kann man der Zeit voraus sein? Funkstörung schafften es ja stets, Sounds zu sezieren, sie neu zusammenzusetzen und dabei ganz eigene Kreationen zu basteln. Und obwohl dieses Album schon 13 Jahre auf der Hülle, sind die Ideen immer noch frisch, was wohl an der Detailverliebtheit von Funkstörung liegt!  Bei den eigenen Werken von Funkstörung lässt sich eine Nähe zu Autechre nicht leugnen, was wohl auch für Unmut bei den Sheffieldern sorgte.

Ihre musikalische Eigenständigkeit zeigen sie bei den Auftragsarbeiten für andere Musiker, von denen sich auf diesem Album einige wiederfinden. Versammelt sind sozusagen die „Reste“ und Seitenprojekte, denen sich Funkstörung in ihrer Schaffenszeit hingegaben. Acht Tracks, als Remix-Compilation zusammengestellt, zeigen zwar nicht gänzlich auf, was Funkstörung aka Michael Fakesch und Chris de Luca wirklich konnten (liegt es daran, dass das vorgegebene Material seine eigenen Strukturen mitbringt?), aber sie zeigen, wie anders eine Welt gesehen – pardon – gehört werden kann, indem sie „eine Schneiser der Verwüstung bei den Originalen“ (Intro)  hinterlassen und „verfremdete Vocals, verwaschene Beats und auch mal ein totaler Stop mitten im Flow (die komplexen Überarbeitungen schrecken vor nichts zurück. Bis zu 400 Sounds und Effekte verwenden die beiden angeblich pro Werk…“ (http://www.intro.de/platten/kritiken/23024685/funkstoerung-additional-productions)

Auf dem Album finden sich Remixe von Björk, Wu-Tang Clan, Finitribe, Visit Venus…

Verfremdete Vocals, verwaschene Beats und auch mal ein totaler Stop mitten im Flow ( die komplexen Überarbeitungen schrecken vor nichts zurück. Bis zu 400 Sounds und Effekte verwenden die beiden angeblich pro Werk, etwa auch bei den Releases für ihr Label \“Musik Aus Strom\“. Dabei aber kratzen Funkstörung immer auch am Abgrund zur eierschaukelnden Kompliziertfrickelei entlang, wenn man denn erst mal ihre komplizierten Beats begriffen hat. Aber die Ingredienzen der Originale machen dann doch jedes Werk zu etwas eigenem. Kommt mit wirklich pfiffigem \“Designers Republic\“-Cover und macht gespannt auf ihre anstehende eigene Elpee.

Wikipediabeitrag (engl.) zum Album

Wikipedia zu Funkstörung

Rezension im Kulturspiegel von 1999

The Art of Noise – The Seduction of Claude Debussy (1999)

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Als Claude Debussy am 18. März 1918 in Paris verstarb, regnete es und die Deutschen bombardierten die Stadt… Kein schöner Gedanke, wenn man sich die letzten Minuten im Leben des Romantikers vorstellt. Und mit diesen Worten beginnt das Album über die Verführungen des Claude Debussy.

The Art Of Noise huldigen mit diesem Werk die Arbeiten sowie die Person Debussys. Dabei schaffen sie es, glaubwürdig, frei von Kitsch, mit gebürtiger Achtung und mit einer sehr gelungenen Verbindung von elektronischer Musik und Soundschnipseln aus dem Werk Debussys zu klingen. Die Kunst des Geräuschs, das die Gruppe sonst so gern erkundet, tritt hier zurück für eine homogene und warme Klanglandschaft. Dabei holten sich Art of Noise Unterstützung wie den Rapper (!) Rakim, BBC-Sprecher John Hurt oder die Opernsängerin Sally Bradshaw ins Boot, die auf dem Album entsprechende Akzente setzen. Drum’n’Bass und Breakbeat treffen auf HipHop und Ambient, Operngesang und Pianosolis werden geloopt und werden collagenhaft aufgetragen. Ein großer, atmosphärisch sehr gelungener Wurf der Soundtüftler

Wikipedia über Art Of Noise

T. Raumschmiere – Radio Blackout (2003)

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Monsterbeat im Radio-Edit

T.Raumschmiere war mit seinem letzt jährigen Mute-Album „Radio Blackout“ auf fast allen Kanälen präsent. Und das soll mit einer weiteren Singleauskopplung noch ein wenig erhalten bleiben. Mit knarzig-rockendem Anstand natürlich.

Marco Haas aka T.Raumschmiere ist stets eine sichere Adresse für rockende Verwirrung gewesen. Noise, Knarz und Minimal Techno zwischen Kompakt und Aphex Twin hat er so weit ausbalanciert, dass Mute sich an eine größere Vermarktung wagte. Als dritte Single aus „Radio Blackout“ wurde nun „A Million Brothers (Blahblahblah)“ ausgekoppelt. Ein wiederum untypisches Stück mit Hip Hop-Vocals der nicht ganz unbekannten Glasgower Rapperin MC Soom T, die bereits mit Bus zuarbeitete. Dazu Remixe von Pole sowie Subspecies. Außerdem gibt es einen sweet gekürzten Radio-Edit des Albumtracks „Querstromzerspanner“, welches gleichzeitig als Hörprobe freigeben wurde. Geboten werden noch einmal stampfende Monsterbeats mit gleichermaßen Melodie und Dissonanz sowie etwas Hymnenhaftigkeit. (jw)“ (http://www.tonspion.de/musik/traumschmiere/musik/235918)

Peaches – Fatherfucker (2003)

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Real wild child

Wie schreibt man über eine Platte, die einem gleich zu Beginn mit knapp 20 gebrüllten Fucks und fast ebensovielen Shits überrascht? Was sagt man über Musikvideos mit sich bis aufs Messer bekriegenden Frauen? Wie stellt man die Künstlerin vor, die sich auf Konzerten gern mal einen rosa Gummidildo umschnallt? Und wie vor allem macht man jemandem, der noch nie etwas von Peaches gehört, gesehen oder gelesen hat, begreiflich, daß die neue CD „Fatherfucker“ verdammt nochmal geil ist?

Man kann beispielsweise auf die lange Reihe von Peaches-Fans verweisen, die seit ihrer Debüt-EP „Lovertits“ aus dem Jahr 2000 ständig anwächst: Iggy Pop, Beck, Björk, Queens Of The Stone Age und The White Stripes finden sie toll. Karl Lagerfeld hat sie fotografiert. Sogar die FAZ lobte das neue Album. Nun ja. Oder man versucht die Musik zu beschreiben, die sich angeblich irgendwo hinter Schlagworten wie Elektro-Punk oder Porno-HipHop versteckt. Peaches jedenfalls macht genau eins: ihr eigenes Ding. Selbstbewußt, stark und sexy, wenn auch vielleicht auf Dauer etwas zu viel von allem. Egal.

Peaches, eigentlich Merrill Nisker, stammt aus Toronto, machte schon dort Musik und kam über ihren früheren Bandkollegen Gonzales erst nach Berlin und dann zum Label Kitty-Yo. Schon der erste Longplayer „Teaches of Peaches“ brachte diesen schnellen, schmutzigen, lauten Punk, aufgepeppt mit simplen Computerbeats, die explizit an die Achtziger erinnern. Kurze aber heftige Songs wie der Opener „I don’t give a…“ gehen sofort in die Beine. Und dazwischen. Damit sind auch die Texte gemeint, die sich um Sex und nichts anderes drehen. Schon der Albumtitel dreht das alte „Motherfucker“ einfach um: Warum müssen immer die Mütter dran glauben? Und auch „Shake yer dix“ geht in die gleiche, die richtige Richtung: Warum wackeln eigentlich immer nur die Frauen mit ihren Brüsten?“ (http://www.plattentests.de/rezi.php?show=1751)

Arrested Development – 3 Years, 5 Months And 2 Days In The Life Of… (1992)

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„Zugegeben, diesmal habe ich mich sehr schwer getan. Aus der Rückschau, dieser ständig in Richtung Erkenntnisgewinn rückenden Beobachterposition, fallen mir mindestens 5 andere Alben ein, die ich genauso gut (oder vielleicht sogar noch eher) zum „Album des Jahres 1992“ hätte küren können. Doch wenn ich mein Ich von vor 15 Jahren befrage, wenn ich wissen will, was es damals ständig, ja über die Grenzen des Erträglichen hinaus gehört und für eine Offenbarung gehalten hat, dann kann es nur eine Antwort geben: „3 Years, 5 Months And 2 Days In The Life Of…“ Die „D.A.I.S.Y. Age“ von De La Soul lag da bereits einige Jahre zurück und war das letzte, was mich jenseits vom Schwere-Hoden-Hip-Hop beeindrucken konnte. Dann kam erst einmal eine ganze Weile nichts, bis da auf einmal diese zunächst etwas suspekt wirkende Hippie-Hop- Kommune auftaucht, was von Spirit und Politics erzählt und obendrein „Alphabet St.“, Sly Stone, Minne Riperton und den ollen Dylan samplet. Da konnte entweder nur grober Unfug oder was Verrückt-Geniales bei rauskommen. Ich entscheide mich für letzteres und merke beim Hören, wie mich „Mama’s Always On Stage“ oder „Fishin“ 4 Religion“ immer noch begeistern und dass ich „People Everyday“ oder „Tennessee eigentlich mal wieder zum Auflegen einpacken könnte. Schließlich erinnere ich mich auch daran, was für ein bewegendes Liebeslied „Natural“ ist. Neben den großen Hits ging es damals leider etwas unter, aber mit seiner warmen Earth Wind & Fire-Dramatik hat es mich immerhin mit einem neuen Genre, dem der „Tanz-Ballade“, bekannt gemacht. Und Earth Wind & Fire überhaupt erst nahe gebracht. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. Offizielle Seite und Myspace nicht vergessen.“ (http://nur-die-guten.blogspot.com/2007/07/arrested-development-3-years-5-months.html)

Wikipedia liefert – wie so oft – weitere Informationen

Biografie bei laut.de und musicline.de