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Glenn Gould – Bach, English Suites BMV 806-811 (1994)

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„Kongenial-fulminater Bach

„Glenn Gould ist Bach“ „…spielt nicht Klavier, sondern betet“
Goulds Bachspiel, auch wenn man nicht ganz den Zitaten der Fangemeinschaft widerstandslos Recht geben mag, ist immer hörenswert.
Gould war womöglich das grösste, ganz sicher aber eigentümlichste Genie unter den Pianisten des zwanzigsten Jahrhunderts.
Analytisch, brillant, rasant, mit stupender Technik bringt er Bach zu Gehör und wenn er die klassischen und romantischen Komponisten zum Teil ungewohnt, zum Teil befremdlich gespielt haben mag und Einwände seiner musikalischen Partner(Menuhin und Bernstein wären zwei bekannte Beispiele)berechtigt und nachvollziehbar waren, bei Bach, den er wie keinen anderen Komponisten verehrte und in seinem Spiel huldigte, bleibt er gültig.
Sein Klavierspiel singt bei Bach(nicht das gelegentlich vernehmbare Summen ist gemeint)und ist durchaus auch schön, nur eben nicht romantisch verklärt oder ausschliesslich schön.
Gould, der öffentliche Aufführungen hasste und Publikum nicht ausstehen konnte und sich folgerichtig schon bald ganz und ausschliesslich der Studioaufnahme widmete, hatte in seiner Genialität etwas von einem Savant. Es scheint er lebte in der Wiedergabe von Bachs Musik oder sein Bachspiel sei Ausdruck einer Art meditativer Lebensäusserung.
So wie ein genialer Mathematiker, möglicherweise autistisch für andere Dinge seiner Umwelt, in einen Rausch der Gleichungen und Zahlen verfällt, scheint es Gould mit der Kontrapunktik, den Noten und Symmetrien der Bach’schen Kompositionen zu gehen. Gewissermassen gefangen im Kosmos Bach.
Fulminates, kongeniales Bachspiel.“ (http://www.amazon.de/review/R2LSI485W3ALBK/ref=cm_cr_rdp_perm)

Glenn Gould – Mozart: The Complete Piano Sonatas Fantasias K.397 & K. 475 (1994)

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„Die Auffassungen über Gould’s Mozart lassen sich im wesentlichen in zwei Kategorien einteilen:

a) Er mag Mozart nicht, und spielt ihn deswegen „entstellend“, nicht dem „geschmackvollen“, „kanonischen“ Mozart einer/eines Haebler, Uchida, Brendel, Eschenbach und ähnlichen Pianisten („Mozart-Experten“) entsprechend.

b) Er eröffnet für diese Sonaten völlig neue Perspektiven durch sein unverstelltes und frisches Herangehen.

Ich lasse mich der Kategorie b) zuordnen. Ich halte seinen Mozart für eine seiner grössten Leistungen überhaupt (weitaus signifikanter als seinen eher überschätzten Bach), weil er, ohne durch „Traditionen“ behindert zu sein, die Spielfreude der Kompositionen durch sein  grossartiges non legato Spiel transparent macht. Sicherlich spielt er nicht immer den Mozart-Vorgaben gemäss, speziell was die Tempi angeht
— andererseits, wo hat man das Alla Turca von KV 331 jemals in einem korrekteren Tempo, nämlich Allegretto gehört? Der Satz entfaltet so erst seine Wirkung, im Gegensatz zu sonstigen, meist viel zu schnellen, „effektvollen“ Interpretationen.

Wer einen Mozart sucht, der schlicht enormen Spass beim Zuhören macht, und der einem Perspektiven eröffnet, die man vielleicht nie vermutet hätte, der wird hier fündig.

P.S.: Wer einen konventionelleren Mozart hoher Qualität sucht, wird mit den Haydn Society Aufnahmen von Lili Kraus fündig (bei Music and Arts erschienen). “ (http://www.amazon.de/review/RT656TO32O4U4/ref=cm_cr_rdp_perm)