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ICILS 2013 – Verlust der „Digital Natives“?

Bildquelle: http://www.iea.nl/uploads/pics/ICILS_2013_Logo_200.png


Am 20.11.14 wurde die ICILS 2013 veröffentlich. ICILS kann als PISA Studie mit Fokus auf auf Computer- und Informationskompetenzen (bei Achtklässlern) gefasst werden.  In der Zusammenschau der zentralen Ergebnisse für Deutschland zeigt sich, dass

  • die deutschen Schüler*innen sind bzgl. der gemessenen Kompetenzen im mittleren Bereich in der Rangreihe der beforschten Länder,
  • nur wenige Schüler*innen erreichen bei der Untersuchung das höchste Kompetenzniveau, aber ca. 30% liegen auf den unteren Kompetenzniveaus,
  • bei den mittleren Kompetenzniveaus liegen die Schülerinnen vor den Schülern,
  • Bildungsbenachteiligungen bzw. „besorgniserregend geringe computer- und informationsbezogenen Kompetenzen“ finden sich auch hier bei bei Schüler*innen mit Migrationshintergrund sowie unteren und mittleren sozialen Lagen feststellen,
  • es ein Missverhältnis zwischen Potentialen des E- bzw. blended learning und der im Klassenraum stattfindenden Realität gibt und Entwicklungspotentiale bzgl. der schulischen Ausstattung sowie Lehrendenunterstützung bestehen (vgl. https://kw.uni-paderborn.de/fileadmin/kw/institute-einrichtungen/erziehungswissenschaft/arbeitsbereiche/eickelmann/pdf/ICILS_2013_Presseinformation.pdf, S. 5)

Am bemerkenswertesten finde ich das Ergebnis, demnach die untersuchten Schüler*innengruppen nicht per se als Digital Natives eingestuft werden können. Ich halte die These der „Digital Natives“, also der Existenz einer heranwachsenden Generation, denen die digitalen Medien schon in die Wiege gelegt wurden und die daher souverän, selbstbestimmt und selbstverständlich  die Medien Kompetent für ihre Belange einsetzen, fragwürdig – oder besser geschrieben: schlichtweg falsch. Meine Gegenthese ist: Die ältere Generation besaß die Medienkompetenz, die für ein (Über-)Leben in der jeweiligen Mediengesellschaft notwendig war. Durch die Multi-Entwicklungen der Medien ist es zunehmend schwerer, Medienkompetenz zu erlangen, wie sie Dieter Baacke (1998) formulierte: die Mediennutzung, Medienkunde, Mediengestaltung und Medienkritik. Zu wissen, welche Medien es gibt, wie diese für meine Kommunikationszwecke genutzt werden können, welche Optionen der Gestaltung ich hab und welche ich für welches Kommunikations- oder Informationsanliegen wie auswähle – das sind Fragen, deren Beantwortung immer exemplarischer werden kann…

Wer sich fragt, wie diese Kompetenzen bei den Schülern getestet worden sind, findet ein (englischsprachiges) Beispiel Testmodul hinter folgendem Link: http://www.iea.nl/icils_2013_example_module.html

Quellen

Baacke, Dieter (1998): Zum Konzept und zur Operationalisierung von Medienkompetenz. Online verfügbar unter http://www.produktive-medienarbeit.de/ressourcen/bibliothek/fachartikel/baacke_operationalisierung.shtml, zuletzt geprüft am 30.11.2014.

Bos, Wilfried; Eickelmann, Birgit; Gerick, Julia; Goldhammer, Frank; Schaumburg, Heike; Schwippert, Knut et al. (Hg.) (2014):
ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich.
Münster, Westf: Waxmann.

Medien: Stressoren oder Unterhalter oder…

Da stolper ich jüngst über eine interessante Untersuchung von Leonard Reinecke, Tilo Hartmann & Allison Eden, die sich mit der Frage beschäftigt, ob Mediennutzung mehr stresst oder doch mehr entspannt. Sie kamen zu einem interessanten Ergebnis auf Basis der Befragungen von 471 Studienteilnehmenden.

Personen, die mit besonders hohem Erschöpfungsgrad in den Feierabend gehen, sehen die Mediennutzung zu Unterhaltungszwecken eher als Prokrastination. Dies führt in Folge zu Stress, da offenbar das Gefühl bei diesen Personen entsteht, wertvolle Zeit zu verschwenden. Dies wiederum verringert die erholende Wirkung der Nutzung entsprechender Medien. Demgegenüber konnten jedoch vorausgehende Untersuchungen zeigen, dass die Mediennutzung zu Unterhaltungszwecken nach einem kräftezehrenden Tag als Quelle der Erholung und Motivator dienen können. Untersuchungsteilnehmer zeigten hier sowohl ein höher subjektiv eingeschätztes Energielevel als auch bessere kognitive Leistungen durch den erholenden Effekt der Unterhaltungsmedien.  

Interessant ist diese Untersuchung auch vor dem Hintergrund meines hier geführten kleinen, digitalen Sammelsuriums. Die letzten Monate waren voll mit vielen anderen Dingen, die tagtäglich bearbeitet werden wollten / sollten / mussten. So blieb kaum Zeit für den Blog (und andere Hobbys.) Damit kam die Frage auf, ob ich den Blog überhaupt in dieser Form weiterführen oder besser beenden sollte, zumal viele andere Medien wie google+, xing, discogs oder flickr die schnellere Veröffentlichung von Inhalten und den Austausch selbiger am Markt sind. Dass ich mit diesen Gedanken nicht allein bin, zeigen Beispiele im Internet. So schloss jüngst Hajo Dezelski seinen Blog „Kontrapunkte“ (http://hajos-kontrapunkte.blogspot.de/2014/08/blogs-end-but-content-will-live-in.html). Das jemand seinen Blog nicht mehr pflegt, passiert sicher tagtäglich vielfach. Mir kamen aber die von Hajo Dezelski angeführten pro- und contra-Argumente zum Führen eines Blogs sehr bekannt vor und ich hätte seinen letzten Beitrag wohl fast 1:1 übernehmen können. Aber irgendwie häng ich an meiner digitale Sammelmappe, da sie mir als mobiles Nachschlagewerk schon oft gute Dienste leistete, wenn ich mich wieder mal an ein Thema nicht so recht erinnern mag…

Dank der o.g. Studie bleib ich also mal noch ein wenig in der virtuellen Welt des Blogs aktiv. Vielleicht ist das ja die kreative Verbindung zwischen Arbeit und Erholung, Erfolgsgefühl und verbesserten Energielevel 🙂

 

Mythen und wissenschaftliche Befunde zur Auswirkung der Internetnutzung

Markus Appel und Constanze Schreiner habe sich der Aufgabe unterzogen, aktuell kursierende Mythen zur Internetnutzung genauer zu untersuchen. Dafür wurden den Mythen (Stichwort „Digitale Demenz“) mit entsprechenden empirischen Befunden verglichen, die die Autoren zu den Themen finden konnten. Nicht alle Mythen konnten in der Studie be- bzw. widerlegt werden (z.B. ob Navigationshilfen der räumlichen Orientierung abträglich sind), da hierzu keine Forschungen vorliegen.

Auf Basis von Meta-Analysen vorliegender Studien konnten die Autoren u.a. folgende Mythen widerlegen bzw. helfen, diese differenzierter zu betrachten:

  • Mythos Internet und die Reduzierung sozialer Interaktion: Es gibt keinen sicheren Beleg für diesen Zusammenhang. Im Durchschnitt über die vorgestellten Studien scheint nur ein kleiner negativer Effekt vorzuliegen. Längsschnittliche Studien revidieren selbst diesen und finden eher positive Zusammenhänge zwischen Internetnutzung und sozialer Interaktion.
  • Mythos Internet und die Verringerung gesellschaftlicher Partizipation: Die Studien liefern keine Hinweise auf diesen Zusammenhang. Eher gegenteiliges ist zu berichten, wonach Internetnutzung eher mit mehr Engagement einher geht.
  • Mythos Einsamkeit durch Internetnutzung: Auch dieser Mythos lässt sich empirisch nicht halten.
  • Mythos Weniger Wohlbefinden durch Internetnutzung: Die Autoren der Metaanalyse finden hier sehr kleine Zusammenhänge, wobei die Internetnutzung bzgl. der vorliegenden Studien nur wenig Erklärungskraft hinsichtlich des Wohlbefindens liefert.
  • Mythos Bildschirmmedien und Fettleibigkeit: Der Zusammenhang scheint für die Fernsehnutzung Gültigkeit zu haben, für die Nutzung digitaler Medien gibt es jedoch nur einen kleinen Effekt. Nur 1% der Varianz von Übergewicht lässt sich durch TV oder Computerspiele erklären
  • Mythos Negative oder keine Effekte von Computer-unterstütztem Unterricht: Die Untersuchungen zeigen einen positiven Effekt beim Einsatz von blended-learning-Szenarien für Lehr-Lern-Arrangements, die einen positiven Lernerfolg bescheiden. Vielmehr kommt es auf die Art der didaktischen Gestaltung an, die den Lernerfolg mitbestimmt.
  • Mythos Wirkungslosigkeit von computerbasierten Lernspielen: Die Untersuchungen zeigen eher das Gegenteil, wonach mit Computerspielen angereicherte Lehre dem traditionellen Unterricht überlegen ist
  • Mythos Computernutzung und verringerte schriftsprachliche Kompetenzen: Auch dieser Mythos kann als solcher entlarvt werden. Textproduktion am PC zieht keine Minderung der Textqualität nach sich.
  • Mythos Aggressives Erleben und Verhalten durch gewalthaltige Computerspiele: Der Klassiker der Mythen, wie ich finde. Die Autoren finden tatsächlich auch einen kleinen Zusammenhang zwischen gewalthaltigen Videospielen und aggressivem Erleben, jedoch muss bei diesen der Kontext der untersuchten Probanden (weitere Einflussfaktoren) berücksichtigt werden. Pauschale Kausalzusammenhänge sind etwas voreilig.

Die Ergebnisse werden in der Psychologischen Rundschau veröffentlicht und sind auch über das Internet verfügbar.

Friedhof der Google-Entwicklungen

 

Im Laufe der Jahre hat Google eine Menge von Diensten und Angeboten entwickelt, die sich nicht immer durchsetzen konnten oder die aufgrund der firmeneigenen Politik wieder eingestampft wurden.  Jüngstes Beispiel ist der Google-Reader. Aber auch solche Innovationen wie iGoogle, Google Wave, Google Desktop uvm. gehören zu den Projekten, die es in der virtuellen Welt nicht mehr gibt. Auf der Webseite von slate.com wurden alle Dienste auf einem virtuellen Friedhof beigesetzt und können nochmal besucht werden. Hintergrundinfos zu den ehemaligen Diensten können abgerufen werden und wer mag, kann auch eine virtuelle Blume am Grab seiner Lieblingsapplikation ablegen. Witzig: Man kann die Seite auch über social sharing-buttons auf Facebook und Twitter teilen. Nur google+ ist nicht mit gelistet. Ob es dafür einen Grund gibt? 🙂

Der Tagesablauf der Vernetzten

Der Unternehmen Cisco – vor allem bekannt durch seine Geschäftsbereich Telekommunikation – führte eine Untersuchung bei Studierenden und Personen im Alter von 18-30 Jahren in achtzehn durch, um zu sehen, wie sich der „Tagesablauf der Vernetzten“ (Generation Y) gestaltet. Was kam heraus?

  • 9 von 10 checken ihr Smartphone als einen Teil des Morgenrituals (neben Zähne putzen etc.)
  • für 60% der Befragten ist das prüfen von eMails, socialen Medien etc. obligatorisch
  • 87% haben einen Facebook-Account
  • 90% laden Fotos auf Internetseiten zum Archivieren oder Teilen, bei Videos sind es noch 62§
  • 20% antworten bei Autofahrten auf Textnachrichten
  • 46% gaben an, auch beim Essen in der Familie und mit Freunden Texte zu schreiben, eMails zu prüfen oder in sozialen Netzwerken unterwegs zu sein
  • es gibt keine klare Trennung von Arbeitstag und Freizeit
  • 75% nutzen das Smartphone im Bett und mehr als ein Drittel im Bad
  • 40% würde etwas fehlen, wenn sie nicht konstant das Smartphone checken könnten
  • 81% meinen, dass Menschen unterschiedliche online und offline-Identitäten haben – allerdings gaben 50% der Befragten an, ihre online und offline-Identitäten wären gleich
    (Quelle: http://www.cisco.com/assets/sol/ent/business_trend/borderless/ccwtr/2012-CCWTR-Infographic.html)

Den kompletten Report gibt es unter folgenden Link in ausführlicher Version: http://www.cisco.com/en/US/solutions/ns341/ns525/ns537/ns705/ns1120/2012-CCWTR-Chapter1-Global-Results.pdf

Weiterhin gibt es auf der Webseite eine schöne interaktive Infografik, die weitere länder- und nutzerspezifische Informationen zu fünf Fragestellungen liefert (einfach Fragen und/oder Länder anklicken…): http://www.cisco.com/assets/sol/ent/business_trend/borderless/ccwtr/ccwtr-2012-infographic.html

Deutsche Digitale Bibliothek gestartet

Da hätte ich doch fast in den Urlaubsvorbereitungen übersehen, dass die Deutsche Digitale Bibliothek in einer Betaversion online gegangen ist. Und das schon im November 2012… Sie versammelt Medien wie Filme, Bilder, Texte, Musik, Ton uvm., die recherchierbar aufbereitet wurden und kostenfrei eingesehen werden können. Derzeit sind ca. 6 Millionen „Objekte“ in der DDB zusammen getragen und dieses Jahr soll der Regelbetrieb gestartet werden. Neben echten „Schmankerln“, die üblicherweise in den dunklen, klimatisierten und sicheren Archiven konserviert werden, gibt es aber auch einiges an digitalisierten „Hightlights“ zu sehen, die zum Schmunzeln anregen. Mein erster Besuch auf der DDB und die Suche nach Texten von Goethe oder Nitzsche kann dann auch als  ernüchternd eingeschätzt werden. Leider fand ich gleich einige defekte Links auf externe Datenbanken (z.B. die „Leich- und Trost-Predigt … : [Leichenpredigt auf Georg Nitzsche, gest. 16. Nov. 1667]“), aber auch amüsante Scans von Büchern, von denen ich nicht sicher bin, ob die so gewollt waren (z.B. hier sowie nachfolgendes Bildbeispiel). Aber warten wir mal ab, wie und auf welche Art sich die Qualität noch verbessert. Ist ja noch Beta

Interessantes „Thumbnail“ für den Text „Probata probationis de absoluta electione ac reprobatione improbatio, contra Calvinianos“ auf der DDB

Schulbücher digital

Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Versuch unternommen wird, Schulbücher zu digitalisieren und so ins Klassenzimmer zu bringen. Das Angebot wird nun über die Webseite http://digitale-schulbuecher.de realisiert. Eine Vielzahl von Schulbuchverlagen (http://digitale-schulbuecher.de/verlage/) hat sich für diese Initiative zusammen geschlossen, um ein umfassendes Sortiment anbieten zu können.  Die Darstellung auf der Webseite klingt interessant. Schüler, Lehrer und Klassenverbände können digitale Schulbücher erwerben, die dann mit den Endgeräten (derzeit PC und Mac, eine Tabletversion soll folgen), abgerufen und online bzw. auch offline gelesen werden können. Charmant ist dabei die Möglichkeit, das eigene Buch auch zu bearbeiten. Es können Lesezeichen, Notizen, Text- und Bildbearbeitungen vorgenommen oder Teile des Buches verdeckt werden. Die jeweiligen Änderungen werden gespeichert und mit dem eigenen digitalen Bücherregal synchronisiert. Ungünstig hingegen scheint die Tatsache, dass die Bücher auch ein Ablaufdatum haben. Das heißt , dass die Bücher nach einer gewissen Zeit nicht mehr genutzt werden können, was für die weitere Arbeit nicht unbedingt günstig sein dürfte, da dann auch die Notizen etc. keinen Nutzen mehr bringen. Hier ist das klassische (Schul)Buch dann doch der digitalen Verion überlegen, denn das bleibt den Nutzern mit allen Notizen, Markierungen usw. erhalten. Durch die Vielzahl der Verlage, die sich hier unter einem virtuellen Dach versammeln, gibt es auch unterschiedliche Lizenzbedingungen, was die Nutzung ebenfalls erschwert. Aber ein interessanter Ansatz ist es schon und es gibt sicher noch ein paar spannende Entwicklungen, die hier warten. Denkbar wäre es z.B., virtuelle Diskussionsräume für Schulklassen oder auch schulübergreifend einzurichten, die digitalen Schulbücher mit weiteren multimedialen Elementen anzureichern und und und…

weltweit, kostenfrei ohne Zulassungsbeschränkung online Studieren

Ein Trend, dem sich mittlerweile immer mehr Hochschulen öffnen, zeigt sich darin, die Bildungsangebote für (weltweit) interessierte Gruppen zu öffnen. Auch die Leuphana Universität geht nun diesen Weg und bietet Onlinekurse in der dafür eingerichteten Digital School an. Das Interessante daran: Jeder kann sich einschreiben, es gibt keine Zulassungsbeschränkungen. Interessant an dem Angebot ist, dass für die erfolgreiche Teilnahme auch Leistungspunkte vergeben werden, die dann an der eigenen Hochschule (falls nötig), angerechnet werden. Das dafür zu erstellende Zertifikat kostet dann jedoch etwas: 20 Euro.

Der erste angebotene 3-Monate dauernde Kurs heißt „ThinkTank Cities“ unter Leitung von Daniel Libeskind. In dem Kurs geht es darum, Zukunftsszenarien für die Gestaltung der Städte zu entwickeln. In fünf-Personen-Teams lösen die Studierenden Aufgaben, durch die Einbindung eines Peer-Review-Verfahrens werden die Arbeitsergebnisse online diskutiert. Hierfür setzt die Digital School auf den Einsatz von social media und einer entsprechenden Lernplattform. Die in den Gruppen entwickelten Ideen werden in einem weiteren Schritt in 2D und 3D Modellen umgesetzt.

Interessant an dem Ansatz ist weiterhin die Idee, mit Unterstützung vieler multidisziplinärer und internationaler Teams, gelungene Ideen und Innovationen für die Zukunft der Städteentwicklung  zu erarbeiten. Mal schauen, welche Ergebnisse im April zu erwarten sind und ob diese online vorgestellt werden.

Mehr Informationen zum Kurs, Einschreibezeiten etc. unter: http://digital.leuphana.de/

 

Das Aussterben der europäischen Sprachen in der digitalen Welt

In der Studie „Europas Sprachen im digitalen Zeitalter“ wurden von 200 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft der Multilingual Europe Technology Alliance (Meta-Net) 30 der etwa 80 in Europa gesprochenen Sprachen auf ihre Zukunftssicherheit bewertet. Das Fazit: 21 der 30 untersuchten Sprachen haben keinen oder nur einen schwachen digitalen Rückhalt. Dieser bemisst sich in der Studie an vier Anwendungfeldern:

  • automatische Übersetzung,
  • Erkennung und Generierung gesprochener Sprache,
  • Textanalyse,
  • Verfügbarkeit von Sprachressourcen

Gefährdete Sprachen erreichen in mindestens einem dieser Punke eine „Negativwertung“, Sprachen wir Isländisch oder Maltesisch in allen Kategorien schlecht abschneiden. Nur die englische Sprache erhält in allen vier Kategorien eine gute Unterstützung.

Insgesamt unterteilen die Experten fünf Kategorien: Exzellente Unterstützung, Gute Unterstützung, Moderate Unterstützung, Fragmentarische Unterstützung und schwache/keine Unterstützung.

Die deutsche Sprache wurde in den vier Kategorien folgendermaßen bewertet:

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse zur Untersuchung der deutschen Sprache findet sich hier (auf Deutsch): http://www.meta-net.eu/whitepapers/volumes/german-executive-summary-de

Die komplette Veröffentlichung(Weißbuch) zur Zukunftsfähigkeit der deutschen Sprache findet sich hier: http://www.meta-net.eu/whitepapers/e-book/german.pdf

 

Digitales Vergessen und Verzeihen

Auf 3sat kam eine Sendung zum digitalen Vergessen, die für mein Gefühl irgendwie richtig und falsch ist. Es geht darum, dass das Netz vergessen lernen soll oder wir mit Hilfe eines digitalen Radiergummis unsere Unwichtigkeiten wieder löschen können. Grundsätzlich finde ich es überhaupt nicht verkehrt, wenn jeder für seine persönlichen Daten auch die Rechte hat und entscheiden kann, wer wann was wo über einen erfährt. Vielleicht passiert es auch, dass man mal die Grenzen des Privaten mit denen der (Netz)Öffentlichkeit vermischt. Schön ist es in solchen Fällen, wenn das Netz vergessen lernt und vielleicht einem nicht alle Jugendsünden ein Leben lang begleiten oder man die Möglichkeit hat, unliebsame und bedeutungslos gewordene Infos in den Datenmüll zu werfen. Und auch wenn Vergessen eine Eigenart unseres Gedächtnisses ist und wir uns damit dankenswerterweise gut arrangiert haben, so stellt sich die Frage, ob die Species Mensch nicht schon lange auf der Suche ist, nichts mehr zu vergessen bzw. vergessenes wieder an das Tageslicht zu holen? Wozu gibt es Höhlenmalereien? Warum muss Büropapier heutzugtage garantieren, dass es viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nichts von seiner Qualität einbüsst? Und wozu gibt es die Geschichtswissenschaften, die Archeologie aber auch die Kunstwissenschaft (wie das Bild der „Stelen des Vergessens“ (Quelle: http://www.geo-reisecommunity.de/bild/regular/243482/stelen-gegen-das-vergessen.jpg) zeigt) und verwandte Wissenschaftsrichtungen? All das sind doch Versuche, Informationen zu bewaren und weiter zu geben, Geschichte zu schreiben oder zu rekonstruieren. Nichts mit Vergessen.

Ja, ich kann mir vorstellen, dass es Einwändet gibt, denn die Beispiele zeugen von anderen Zeiten oder zielen auf das „Große der Weltgeschichte“ etc. Da bin ich mir aber nicht so sicher, denn es findet sich auch in unserer Kultur ein Interesse, vergessenes und/oder Privates auszugraben und zu archivieren, wie es z.B. bei persönlichen Korrespondenzen, die irgendwo ans Tageslicht gekommen sind, der Fall ist (nur ein Beispiel: Liebesbriefe großer Männer).

Und auch dem im Beitrag angesprochenen Aspekt, dass wir an digitaler Demenz erleiden, weil wir unsere kognitiven Prozesse an die Rechner auslagern und alles auf Datenträgern abspeichern, kann ich nur bedingt zustimmen. Mag sein, dass wir unangenehmes „Denkwerk“ outsourcen. Dafür jedoch müssen wir nun wissen, wo die Informationen liegen, wie sich die Informationen (wohlgemerkt Informationen, kein Wissen!) wieder in einen Kontext einfügen lassen, wie entsprechende Geräte (ein Taschenrechner, eine Suchmaschine, eine Datenbank…) bedient werden müssen etc. Die Würdigung dieser Leistungen kommt mir hier zu kurz und eine qualitative Unterscheidung ist fragwürdig. Warum fordert denn keiner die Abschaffung der Maschinen, damit wir wieder alles von Muskelkraft erledigen können. Oder die Abschaffung der Autos, damit wir wieder laufen können? Das täte vielleicht dem Budget des Gesundheitswesens ganz gut…

Ein schönes Thema, wie ich finde 🙂

Hier mal der Beitrag für ein eigenes Urteil. Falls das alles uninteressant ist: einfach mal Vergessen 😉