Erik Haberzeth & Irena Sgier haben das Buch „Digitalisierung und Lernen – Gestaltungsperspektiven für das professionelle Handeln in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung“ herausgegeben.
Sie rücken die Auswirkungen und Gestaltungsperspektiven des digitalen Wandels im Weiterbildungsbereich in den Fokus. Digitalisierungsstrategien der Anbieter, technologische Entwicklungen als Bildungsthemen, Kompetenzen des Lehrpersonals oder Organisation von Lehren und Lernen mit digitalen Medien sind Themen, die besprochen werden.
Am 20.11.14 wurde die ICILS 2013 veröffentlich. ICILS kann als PISA Studie mit Fokus auf auf Computer- und Informationskompetenzen (bei Achtklässlern) gefasst werden. In der Zusammenschau der zentralen Ergebnisse für Deutschland zeigt sich, dass
die deutschen Schüler*innen sind bzgl. der gemessenen Kompetenzen im mittleren Bereich in der Rangreihe der beforschten Länder,
nur wenige Schüler*innen erreichen bei der Untersuchung das höchste Kompetenzniveau, aber ca. 30% liegen auf den unteren Kompetenzniveaus,
bei den mittleren Kompetenzniveaus liegen die Schülerinnen vor den Schülern,
Bildungsbenachteiligungen bzw. „besorgniserregend geringe computer- und informationsbezogenen Kompetenzen“ finden sich auch hier bei bei Schüler*innen mit Migrationshintergrund sowie unteren und mittleren sozialen Lagen feststellen,
Am bemerkenswertesten finde ich das Ergebnis, demnach die untersuchten Schüler*innengruppen nicht per se als Digital Natives eingestuft werden können. Ich halte die These der „Digital Natives“, also der Existenz einer heranwachsenden Generation, denen die digitalen Medien schon in die Wiege gelegt wurden und die daher souverän, selbstbestimmt und selbstverständlich die Medien Kompetent für ihre Belange einsetzen, fragwürdig – oder besser geschrieben: schlichtweg falsch. Meine Gegenthese ist: Die ältere Generation besaß die Medienkompetenz, die für ein (Über-)Leben in der jeweiligen Mediengesellschaft notwendig war. Durch die Multi-Entwicklungen der Medien ist es zunehmend schwerer, Medienkompetenz zu erlangen, wie sie Dieter Baacke (1998) formulierte: die Mediennutzung, Medienkunde, Mediengestaltung und Medienkritik. Zu wissen, welche Medien es gibt, wie diese für meine Kommunikationszwecke genutzt werden können, welche Optionen der Gestaltung ich hab und welche ich für welches Kommunikations- oder Informationsanliegen wie auswähle – das sind Fragen, deren Beantwortung immer exemplarischer werden kann…
Wer sich fragt, wie diese Kompetenzen bei den Schülern getestet worden sind, findet ein (englischsprachiges) Beispiel Testmodul hinter folgendem Link: http://www.iea.nl/icils_2013_example_module.html
Bos, Wilfried; Eickelmann, Birgit; Gerick, Julia; Goldhammer, Frank; Schaumburg, Heike; Schwippert, Knut et al. (Hg.) (2014): ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster, Westf: Waxmann.
Da stolper ich jüngst über eine interessante Untersuchung von Leonard Reinecke, Tilo Hartmann & Allison Eden, die sich mit der Frage beschäftigt, ob Mediennutzung mehr stresst oder doch mehr entspannt. Sie kamen zu einem interessanten Ergebnis auf Basis der Befragungen von 471 Studienteilnehmenden.
Personen, die mit besonders hohem Erschöpfungsgrad in den Feierabend gehen, sehen die Mediennutzung zu Unterhaltungszwecken eher als Prokrastination. Dies führt in Folge zu Stress, da offenbar das Gefühl bei diesen Personen entsteht, wertvolle Zeit zu verschwenden. Dies wiederum verringert die erholende Wirkung der Nutzung entsprechender Medien. Demgegenüber konnten jedoch vorausgehende Untersuchungen zeigen, dass die Mediennutzung zu Unterhaltungszwecken nach einem kräftezehrenden Tag als Quelle der Erholung und Motivator dienen können. Untersuchungsteilnehmer zeigten hier sowohl ein höher subjektiv eingeschätztes Energielevel als auch bessere kognitive Leistungen durch den erholenden Effekt der Unterhaltungsmedien.
Interessant ist diese Untersuchung auch vor dem Hintergrund meines hier geführten kleinen, digitalen Sammelsuriums. Die letzten Monate waren voll mit vielen anderen Dingen, die tagtäglich bearbeitet werden wollten / sollten / mussten. So blieb kaum Zeit für den Blog (und andere Hobbys.) Damit kam die Frage auf, ob ich den Blog überhaupt in dieser Form weiterführen oder besser beenden sollte, zumal viele andere Medien wie google+, xing, discogs oder flickr die schnellere Veröffentlichung von Inhalten und den Austausch selbiger am Markt sind. Dass ich mit diesen Gedanken nicht allein bin, zeigen Beispiele im Internet. So schloss jüngst Hajo Dezelski seinen Blog „Kontrapunkte“ (http://hajos-kontrapunkte.blogspot.de/2014/08/blogs-end-but-content-will-live-in.html). Das jemand seinen Blog nicht mehr pflegt, passiert sicher tagtäglich vielfach. Mir kamen aber die von Hajo Dezelski angeführten pro- und contra-Argumente zum Führen eines Blogs sehr bekannt vor und ich hätte seinen letzten Beitrag wohl fast 1:1 übernehmen können. Aber irgendwie häng ich an meiner digitale Sammelmappe, da sie mir als mobiles Nachschlagewerk schon oft gute Dienste leistete, wenn ich mich wieder mal an ein Thema nicht so recht erinnern mag…
Dank der o.g. Studie bleib ich also mal noch ein wenig in der virtuellen Welt des Blogs aktiv. Vielleicht ist das ja die kreative Verbindung zwischen Arbeit und Erholung, Erfolgsgefühl und verbesserten Energielevel 🙂
Markus Appel und Constanze Schreiner habe sich der Aufgabe unterzogen, aktuell kursierende Mythen zur Internetnutzung genauer zu untersuchen. Dafür wurden den Mythen (Stichwort „Digitale Demenz“) mit entsprechenden empirischen Befunden verglichen, die die Autoren zu den Themen finden konnten. Nicht alle Mythen konnten in der Studie be- bzw. widerlegt werden (z.B. ob Navigationshilfen der räumlichen Orientierung abträglich sind), da hierzu keine Forschungen vorliegen.
Auf Basis von Meta-Analysen vorliegender Studien konnten die Autoren u.a. folgende Mythen widerlegen bzw. helfen, diese differenzierter zu betrachten:
Mythos Internet und die Reduzierung sozialer Interaktion: Es gibt keinen sicheren Beleg für diesen Zusammenhang. Im Durchschnitt über die vorgestellten Studien scheint nur ein kleiner negativer Effekt vorzuliegen. Längsschnittliche Studien revidieren selbst diesen und finden eher positive Zusammenhänge zwischen Internetnutzung und sozialer Interaktion.
Mythos Internet und die Verringerung gesellschaftlicher Partizipation: Die Studien liefern keine Hinweise auf diesen Zusammenhang. Eher gegenteiliges ist zu berichten, wonach Internetnutzung eher mit mehr Engagement einher geht.
Mythos Einsamkeit durch Internetnutzung: Auch dieser Mythos lässt sich empirisch nicht halten.
Mythos Weniger Wohlbefinden durch Internetnutzung: Die Autoren der Metaanalyse finden hier sehr kleine Zusammenhänge, wobei die Internetnutzung bzgl. der vorliegenden Studien nur wenig Erklärungskraft hinsichtlich des Wohlbefindens liefert.
Mythos Bildschirmmedien und Fettleibigkeit: Der Zusammenhang scheint für die Fernsehnutzung Gültigkeit zu haben, für die Nutzung digitaler Medien gibt es jedoch nur einen kleinen Effekt. Nur 1% der Varianz von Übergewicht lässt sich durch TV oder Computerspiele erklären
Mythos Negative oder keine Effekte von Computer-unterstütztem Unterricht: Die Untersuchungen zeigen einen positiven Effekt beim Einsatz von blended-learning-Szenarien für Lehr-Lern-Arrangements, die einen positiven Lernerfolg bescheiden. Vielmehr kommt es auf die Art der didaktischen Gestaltung an, die den Lernerfolg mitbestimmt.
Mythos Wirkungslosigkeit von computerbasierten Lernspielen: Die Untersuchungen zeigen eher das Gegenteil, wonach mit Computerspielen angereicherte Lehre dem traditionellen Unterricht überlegen ist
Mythos Computernutzung und verringerte schriftsprachliche Kompetenzen: Auch dieser Mythos kann als solcher entlarvt werden. Textproduktion am PC zieht keine Minderung der Textqualität nach sich.
Mythos Aggressives Erleben und Verhalten durch gewalthaltige Computerspiele: Der Klassiker der Mythen, wie ich finde. Die Autoren finden tatsächlich auch einen kleinen Zusammenhang zwischen gewalthaltigen Videospielen und aggressivem Erleben, jedoch muss bei diesen der Kontext der untersuchten Probanden (weitere Einflussfaktoren) berücksichtigt werden. Pauschale Kausalzusammenhänge sind etwas voreilig.
Die Ergebnisse werden in der Psychologischen Rundschau veröffentlicht und sind auch über das Internet verfügbar.