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Angelo Badalamenti – Music From Twin Peaks (1990)

Bildquelle: Discogs

Twin Peaks – die Mutter der Mystery-Serien, geschaffen von David Lynch, kostete mich in meiner Jugend manches Wochenende, wenn mit Freunden die VHS eingelegt wurde und die Suche nach Laura Palmer zusammen mit FBI Special Agent Dale Cooper begann. Klar kannten wir das Ende, aber die Serie enthielt in Bild und Ton so viele weitere sonderbare Hinweise und Anspielungen („Die Eulen sind nicht, was sie scheinen“), mysteriöse Spielorte (der rote Raum), eigenwillige Szenen (wie die rückwärts Gesprochenen Teile) und skurrile Elemente (die Suche nach dem Täter mittels Steinwurf auf Flaschen) oder Darsteller (die nie gesehene Diane, die in so jeder Folge auftritt), dass das Ende gar nicht so wichtig war. Und grundsätzlich blieb sowieso die Frage offen, wer der Mörder von Laura Palmer war – bzw. wurde eher individuell beantwortet (für mich war schlichtweg das Böse der Täter). Ist auch nach über 30 Jahren noch spannend, wie man in der Netzgemeinschaft sieht, die immer noch diskutiert 🙂

Spannend war, ist und bleibt auch der Soundtrack, den Angelo Badalamenti für die Serie schrieb. Er passt so perfekt zu der Bild-Sprache, die David Lynch wählte – oder machte gerade er die Bild-Sprache so schlüssig? Mit Julee Cruise (die in der Serie auch auftreten darf), eine passende Besetzung für den Gesang. Die Musik ist genauso mystisch, dunkel, spannungsvoll und an den richtigen Stellen kräftig, spielt mit den Emotionen der Hörenden, legt (falsche?) Fährten, ist voller Symbolik. Und trotz des dunklen Grundmotivs in den meisten (allen?) Titeln gibt es immer wieder den Durchbruch zum Licht. Mein Album für den Aufbruch ins neue Jahr, für den Januar!

Ein für mich passendes Bild habe ich auch gefunden. Aufgenommen in einer Kirche, die in ihrer Bauart dem Brutalismus zugeordnet werden könnte, schimmerten in den kargen Sichtbetonwänden bunte Fenster. Sie spendeten dem Raum die Farbe und zugleich waren die abgebildeten Motive eine Einladung, sich mit der mystischen Symbolik zu beschäftigen…

Lars Kilian: Into The Night (CC BY SA 4.0)

Julee Cruise – Floating Into The Night (1989)

Mit „Floating Into The Night“ stellte Julee Cruise 1989 ihr Erstlingswerk vor, auf dem zahlreiche Stücke zu finden sind, die unter anderem bei „Twin Peaks“ und „Blue Velvet“ zu hören (und zu sehen) waren. So verwundert es nicht, dass hier Angelo Badalamenti (Komposition) und David Lynch (Lyrics) selbst mitwirkten und produzierten. Wenn das nicht vielversprechend klingt…?

Damit ist auch die Hörrichtung klar: Mysteriös, schwebend, zart vibrierend, verträumt und zeitlos.

Darf man ein solches Album, ein weiteres Fundstück in meiner Sammlung,  am 2018 noch vorstellen? Der große Hype um #TwinPeaks vom letzten Jahr ist ja einigermaßen durch, wenngleich die sozialen Medien immer noch viel zu berichten haben. Und darüber hinaus werden die Tage nun auch definitiv wieder länger und laden dazu ein, beschwingtere Töne aus der Anlage rieseln zu lassen. Auch wenn das Album für mich nicht geeignet wäre, einen sonnendurchfluteten und warmen Sonntagmorgen zu begrüßen, an den Abenden geht ganzjährig und trägt durch Raum und Zeit…

Meine Bildassoziation – das Album lädt m.E. zu vielen ein – zum Titel „The World Spins“ ist ein Foto einer Plastik, die ich im Louvre fotografierte. Weißer Marmor vor fast weißem Grund. Das Auge hat nicht viel, um sich festzuhalten und zu orientieren. Zwei sich Liebende, zart und filigran herausgearbeitet, ein in Stein gegossener Moment. Kühle und Wärme, Nähe und Distanz, Weichheit und Härte – alles in einem…

„The World Spins“ (c) Lars Kilian

Weitere Quellen:

Julee Cruise – The Voice Of Love (1993)

Fast 25 Jahre ist es her, dass Julee Cruise ihr zweites Album herausgebrachte. Und es könnte bald wieder sehr aktuell werden. Die Vögel zwitschern es bereits aus den digitalen Netzen: Twin Peaks geht nach 25 Jahren in die „Verlängerung“. Da Julee Cruise für die Serie und den Film seinerzeit einen Teil der Musik lieferte und selbst auf der Leinwand zu sehen war, könnte es sein, dass sie für die neuen Folgen nochmal angeheuert wurde. Zu passend war ihr Dreampop, der aber auch außerhalb des Universums von David Lynch sehr gut funktioniert. Zwar ist The Voice Of Love ein Album, welches nicht ausschließlich Stücke aus den Arbeiten mit David Lynch enthält, aber einige Songs dürfte man wiederkennen…

„Die Eulen sind nicht, was sie scheinen“ – Systemik & Twin Peaks

Bildquelle: http://www.davidlynch.de/Owl.jpg

Ein Satz, der in der Serie Twin Peaks von David Lynch immer wieder aufblitzt, lautet „Die Eulen sind nicht, was sie scheinen.“ Das Netz ist voll von Theorien und Hypothesen zur Bildsprache und den Texten der Serie, die teilweise amüsant und/oder spannend sind. Interessant hingegen ist ein Beitrag von Christoph Lorenz, der die ästhetische Codierung autopoietischer Strukturen und Prozesse am Beispiel von Twin Peaks aufzeigt. Unter Verweisen auf einzelne Episoden, Szenen und Sequenzen der Serie arbeitet er Themenfelder wie „System/Umwelt“, „Spiegelung“ oder „Zirkularität“ ab, die nicht nur für den interessierten Systemiker spannend sind, sondern – zumindest mir – wieder verdeutlichen, welchen Wert und welche Bedeutung der systemische Ansatz in der (Sozial-)Forschung spielt. Ihre Arbeit ist vergleichbar mit dem Ansinnen von Special Agend Dale Cooper, der versucht, im System Twin Peaks den Mord an Laura Palmer (mit spannenden Methoden) zu lösen. Empfehlenswert – die Serie und der Text 😉

Zum Text geht es hier lang: http://www.davidlynch.de/tpkonstrukt.html