Als im Jahr 1996 vier unbekannte Musiker aus Glasgow auf eigene Faust ein Instrumental-Album namens „Ten Rapid“ veröffentlichten, horchte man in der Londoner Musikszene auf. Mit Britpop hatte „Ten Rapid“ nämlich wenig zu tun. Es war eine ruhige, atmosphärische, manchmal sogar ein wenig melancholische Musik, die aber auch unvermittelt in brachiale Soundattacken umschlagen konnte.
Die britische Musikpresse war begeistert: Mogwai, so der Name der Band, wurden gelobt als eine der eigenständigsten Bands seit langem und eher notdürftig in die Schublade „Post-Rock“ gesteckt. Daß Mogwai aber mit den komplexen Soundtüfteleien anderer Post-Rock-Bands wie Tortoise oder Stereolab wenig zu tun haben, wurde allerspätestens bei ihrem ersten Live-Auftritt in London deutlich: Zuerst brachten die vier Schotten ihr Publikum mit energetischem Krach richtig in Fahrt, dann forderten sie es auf, die Instrumente der Band und gleich auch die ganze Konzerthalle zu zertrümmern. Dieser Einladung kamen die aufgeputschten Zuhörer gerne nach. Ausschreitungen konnten von den überraschten Security-Leuten nur mit Mühe verhindert werden. Der verdiente kommerzielle Durchbruch gelang Mogwai mit ihrem zweiten Album „Young Team“ (1997). Feedbacksymphonien wie „Like Herod“ oder „Mogwai Fear Satan“ zeigten, daß sie auch im Studio rocken können. Mit der neuen CD „Come On Die Young“ kehren Mogwai eher zu den melodischen Anfängen von „Ten Rapid“ zurück. Und es ist ein Album voller Überraschungen. Das beginnt schon mit dem Eröffnungstrack „Punk Rock“ – keine Lärmorgie, sondern eine zarte, verletzliche Melodie, gespielt von einer Solo-Gitarre, zu der ein gesampelter Iggy Pop zwei Minuten lang über die kulturelle Signifikanz des Punk philosophiert. Gleich darauf folgt mit dem Titeltrack „C.O.D.Y.“ eine weitere Überraschung: Mogwai singen! Genauer gesagt: Gitarrist Stuart Braithwaite singt, begleitet von einer Steel Guitar, eine herzerweichende Ballade, die fast schon nach Alternativ-Country klingt. Dieser sanfte Einstieg in das Album täuscht jedoch. Mogwai sind gnadenlose Instrumentalpunks geblieben. Dementsprechend fehlen auch die langen Monumentaltracks nicht, für die sie bekannt sind. Das fast elf Minuten lange „Christmas Steps“ ist einer der vielen Höhepunkte des Albums: Es beginnt zunächst harmlos mit einer sanften Akustikgitarre, schraubt sich dann aber, schrittweise mit wummerndem Bass, metallischen Drums und kreischenden Kettensägen-Gitarren, zu einem ohrenbetäubenden Crescendo hinauf, um schließlich mit einem gedämpften Violinsolo auszuklingen. Die vier Bandmitglieder sind übrigens zwischen 22 und 24 Jahre alt. Zu jung also, um offenkundige Vorbilder wie Joy Division, My Bloody Valentine oder Spaceman 3 selber erlebt zu haben. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum Mogwai wie keine andere Band klingen. Live und auf Platte. Mit „Come On Die Young“ ist ihnen jedenfalls – in mancher Hinsicht – das mit Abstand radikalste Album dieses ersten halben Jahres gelungen. Leb‘ wild, sterb‘ jung – aber dreh‘ Mogwai immer bis zum Anschlag auf!“ (http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,16196,00.html)