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„Das Prinzip Hoffnung
In krakeliger Schrift wird das Wort „Hope“ schwarzweiß auf eine Leinwand projiziert. Hoffnung steht auch auf dem Hammer, der nervös und wackelig in einer Endlosspur durchs Bild kreist. Später wird der Film gewechselt. Dann sieht man verlassene Industrieanlagen, einen grauen Hund, desolate Häuser, weite Parkplätze und große, traurige Kinderaugen. Vor der Leinwand hat sich die kanadische Band Godspeed You Black Emperor! zu neunt aufgebaut, die Filmprojektionen sind ihr Kommentar zu den herrschenden Verhältnissen.
Seit ihrem Debüt mit dem relativ unaussprechlichem Titel „f#a#?“ sind Godspeed You Black Emperor! die Lieblingsband der Musikpresse. Für den britischen New Musical Express war „f#a#?“ das Album das Jahres, für die deutsche Spex gar die Platte des Jahrtausends. Godspeed You Black Emperor! musizieren an der Grenze zwischen Ennio Morricone, Neurosis, Tortoise und einem Kammermusikorchester. Ihre extralangen Stücke sind pathetisch, dissonant und schön, laut und leise.
Alle Stücke funktionieren nach festem Schema: ein Instrument beginnt mit einer Ahnung einer kleinen Melodie, das Thema wird beharrlich wiederholt, das nächste Instrument steigt ein, später auch die anderen, zwei Streicher, fünf Gitarren (zwei Bass- und drei E-Gitarren), zwei Drums schichten sich zu einem mächtigen symphonischen Klang. Erst steigert sich die Lautstärke, dann die Intensität, alles läuft zu auf einen letzten kathartischen Moment bis der Song kippt Erlösung. Müdes Nachgeplänkel folgt und dann geht alles wieder von vorn los. Immer und immer wieder.
Die Darbietung geht stumm vonstatten. Die Anwesenheit des Publikums wird von den neun Frauen und Männern nach Möglichkeit ignoriert, streng autistisch bearbeiten sie ihre Instrumente. Auch abseits der Bühne gibt sich das Kollektiv verschwiegen. So geben die Musiker nur Interviews, um zu erzählen, dass sie eigentlich keine Interviews geben. Sie misstrauen den Machenschaften der Musikindustrie und vergessen dabei, dass Bandname, Plattentitel, Musik und Generalverweigerung in der Summe einen attraktiven Mythos ergeben, der wirksamer ist, als jede Werbekampagne.
Mit „Slow Riot For New Zero Kanada“ belegten Godspeed You Black Emperor! Platz eins der britischen Independent-Charts, mittlerweile sind sie eine begehrte Liveband, die im Mittelpunkt des Interesses steht. Sie sind das spektakuläre neue Ding, nach dem die Musikpresse Saison für Saison sucht…“ (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1999/0813/none/0084/index.html)
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