Einstürzende Neubauten – Alles Wieder Offen (2007)

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„Es hat den Neubauten gut getan, sich selbständig zu machen und ihre Musik nunmehr ganz auf eigene Rechnung aufzunehmen und selbst zu veröffentlichen. In den letzten Jahren war die Berliner Band so produktiv wie schon lang nicht mehr, nun hat sie mit Alles wieder offen auch noch eine ihrer besten Platten überhaupt am Start. Vom Lärm haben sich die Neubauten scheinbar endgültig verabschiedet, dafür kredenzen sie ein vollmundiges Meisterwerk zwischen poetischen Popsongs und einem ungebrochen grandiosen Sinn für Energie und Dynamik. Es geht ihnen heute musikalisch um die Feinheiten, um das Ausloten zwischen leise und laut, das sie mittlerweile meisterlich beherrschen, und um das Zusammenspiel der Instrumente. Aufbau statt Zerstörung. Über der Musik, lyrischen Balladen und elektrisierenden Rhythmen, aber thront – Entschuldigung, man muss es so majestätisch ausdrücken – König Blixa mit seiner sonoren Stimme, wandelt der ewige Bohemien als älter werdender Dichterfürst durch seinen Garten und sieht nach seinen Pflänzchen. Im Gegensatz zur Musik darf es in den Texten gern noch etwas mehr sein. Doch egal ob wuchtig oder zärtlich, in Bildersprache verkleidet oder ungewohnt klar, Bargeld findet fast immer die richtigen Worte.

Die Einheit von Musik und Text ist auf jeden Fall verblüffend. „Die Wellen“ bildet das Wogen des Meeres ab und wird gegen Ende hin immer wilder („Ich halt dagegen, brüll jede Welle einzeln an: / Bleibst du jetzt hier?”). „Nagorny Karabach“ erzählt von einem ganz speziellen Ort („Komm mich mal besuchen / Ich hab unendlich Zeit / Und der Blick der ist vom Feinsten”) und gemahnt an die ruhigeren Stücke von Nick Cave & The Bad Seeds, als Bargeld noch mitspielte. „Ich hatte ein Wort“ ist eine berührende Ballade über die Schönheit, die ein einziges Wort zu erzeugen im Stande ist. „Weil weil weil“ rockt mit einem Rhythmusmotor Marke Timbaland. „Ich warte“ schließlich ist eine Anrufung der mächtigen Kräfte, die in der Musik stecken: „Ich warte bis sie Türen Tore Schleusen öffnet / Bis sie wolkenbrechend – Weckruf Fanfare – / Überraschend aus dem Hinterhalt sich stürzt / Ich hoffe sie zettelt eine Hymne an”. Ein Erlebnis, wie der Meister hier ins Rasen gerät. Man vermeint streckenweise, Klaus Kinski beim Deklamieren zu hören, aber es sind doch immer Blixa Bargeld und seine Gang. Einstürzende Neubauten, so leicht und verführerisch wie nie zuvor, und trotzdem ein mächtiges Werk.“ (http://www.now-on.at/kritiken.artikel.php?artikel=1697)

http://www.alles-wieder-offen.com/ – Webseite zum Album

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