„Spätestens seit dem Zauberer von Oz wissen wir, welch verläßliche Freunde Vogelscheuchen sein können. Und spätestens seit Notwists „Neon golden“ wissen wir auch, wieviel Pop selbst im verschraubtesten Klanggewirr stecken kann. Martin Gretschmann, Berufshornbrille und Laptop-Schlepper bei den famosen Weilheimern, zeigte schon mit seiner Lutscherhymne „14 zero zero“, welches Ohrwurmpotential in ihm und seinem Rechner steckt. Und da er mit seinen Kollegen schon letztes Jahr für einige der schönsten Momente melodischen Indietums verantwortlich war, soll nun auch Consoles drittes Album nach rosaroten Himmeln streben.
Gretschmann, der seine Keyboards mittlerweile wie eine ledernackige Flying V schultert, ist für „Reset the preset“ tatsächlich auf der Suche nach bittersüßen Melodien fündig geworden, ohne selbstverfreilich zu vergessen, sie mit dem Knistern seiner Subroutinen und Algorithmen auszuschmücken. Und natürlich in der Popwelt jenseits des Regenbogens seine eigene Dorothy ins Rampenlicht zu stellen. Miriam Osterrieder heißt sie und schenkt Console das, womit Valerie Trebeljahr bei Lali Puna für den Acher Markus herumzaubert: ihre Stimme. Leicht, zerbrechlich, feingliedrig und gelegentlich sogar nicht einmal von dieser Welt.
Und so gelingt auf „Reset“, der ersten der beiden CDs, ein Treffer nach dem anderen. Im Opener „Your God eats me“ brummelt und quietscht es, bis sich ein unwiderstehlicher Elektro-Groove herausschält. Die übereinandergeschichteten Ecken und Kanten von „Surfin‘ Atari“ entwickeln immer mehr Druck, und der kleine Bastard rockt plötzlich das ganze Haus. Mit dem fröhlichen Stampfen von „Dirt on a wire“ und sentimentalen Atempausen wie „Into the universe“ oder „Secret game“ gerät die erste Basteldreiviertelstunde schließlich zu einem wahren Schaulaufen der Pop-Tricks des Herrn Gretschmann.
All das kulminiert allerdings im phänomenalen Ohrenschmaus „Suck and run“, wo alle Zurückhaltung beiseite fliegt und die Festplatten zu lächeln beginnen. Im Hintergrund imitieren leckere Sägezähne Zerrgitarren, links und rechts zuckt ein flatteriger Rhythmus, und mittendrin näselt Mademoiselle Osterrieder die Sonnenstrahlen herbei. Mit dem womöglich angenehmsten Laufpaß aller Zeiten: „I don’t miss you tonight / That isn’t meant to piss you off one more time / It doesn’t mean you don’t mean a thing to me / But that’s the only way I’ll finally succeed / In being me.“ Wer kann da schon böse sein?“ (http://www.plattentests.de/rezi.php?show=1350)