„Air. Luft. Schweben. Durchatmen. Dahingleiten. So oder so ähnlich dürften wohl die Assoziationen der ehrenwerten Monsieurs Godin und Dunckel verlaufen sein, als sie sich um das Jahr 1997 herum in ihrem Pariser Künstlerappartement einen Bandtitel ausbaldowerten, der wohlfeilst zu ihrer damaligen Musik passen sollte. …
Natürlich also erwarten wir „Talkie Walkie“ mit Ungeduld, denn es ist eigentlich erst das dritte ‚richtige‘ Album der Luftikusse (kein Soundtrack, keine Remixe, nix Mini-LP, etc …), und da darf man tatsächlich schon mal gespannt sein. Wirds wieder flockig oder noch düsterer oder wie … tja, es ist: dazwischen. Ja, ganz genau dazwischen. Zwischen „Moon Safari“ und „10.000 Hz“, und zwar sowohl was den Sound, als auch was die Qualität betrifft.
War man zunächst auf einer easy vor sich hinperlenden Garden Party geladen, auf der bezaubernde junge Damen leichte Snacks und bunte Cocktails reichten („Moon Safari“), um sich daraufhin durch den übermütigen Einwurf seltsamer UFO-Drogen in die dunklen Weiten des Weltraums zu schießen („10.000 Hz“), so drifted man auf „Talkie Walkie“ zwar noch durchs Universum, hat aber endlich wieder Funkverkehr mit Mutter Erde, und es sind offensichtlich auch wieder Damen an Bord. Folgerichtig scheint der rote Faden von „Talkie Walkie“ auch Liebe in Zeiten der Schwerelosigkeit zu sein.
Man ist „lost in space“ („Another Day“), scharwenzelt an Bord des Mondkreuzers um eine charmante Venus herum („Venus“), und da man eben auch dort oben nur ein Mensch ist, bricht sich der angeborene Trieb zart seine Bahn („Biological“). Traurig und doch so schön zugleich ist da die Stimmung im XX- und XY-Köpfchen. Und das Banjo spielt dazu. So klingt er also, der Soundtrack für eine französische Weltraummission zur Untersuchung des Paarungsverhaltens humanoider Individuen in der Schwerelosigkeit.
Natürlich hört man auch auf „Talkie Walkie“ wieder einige Reminiszenzen an verdiente Künstler der Pop-Geschichte heraus. „Cherry Blossom Girl“ beispielsweise könnte von seinem Saiten-Arrangement glatt als Serge „the nice schmierfink“ Gainsbourg-Nummer durchgehen, und auch sonst hört man hier und da 70er oder 80er durch. Allerdings ist wie auch schon bei den Vorgängern alles in solch bezaubernder Luftverpackung dargereicht, dass es einfach unique ist, was ja auch den Erfolg von Godin/Dunckel ausmacht. Nämlich dass sie gar nicht sooooooo belanglos und wohlklingend herumplätschern, wie man bei oberflächlicher Betrachtung meinen könnte.
Zudem bewegen sie sich als Musiker, Arrangeure und Soundtüftler seit Anbeginn des Airzeitalters auf sehr, sehr hohem Niveau, was sich nun bei „Talkie Walkie“ ein weiteres mal zeigt. Dennoch: einen Geniestreich wie „Moon Safari“ kann man nicht einfach beliebig wiederholen.
Auf keinen Fall sollte man ihnen vorwerfen, dass sie auf „Talkie Walkie“ doch wieder einen Teil des mehrere Parsec umfassenden Weges zwischen „Moon Safari“ und „10.000 Hz“ zurück rudern (pardon: gleiten). „Talkie Walkie“ ist durchaus kein fauler Kompromiss, sondern eine gelungene Legierung verschiedener Aggregatzustände von Air. Nix wirklich Neues, sicherlich, aber auf gewohnt hohem Niveau. Und das muss dann halt auch mal reichen, man kann schließlich die Raumfahrt nicht immer wieder neu erfinden!
Und schließlich: vielleicht haben die beiden Schelme bei der Namensauswahl ja auch nur an die süße Luftschokolade gedacht, die sich ihre Spacehäschen beim Nachhausekommen verabreichen. French kissing in the universe …“ (http://www.laut.de/lautstark/cd-reviews/a/air/talkie_walkie/index.htm)